1. Anzuwendendes Recht
Die als selbstständige Familiensache geführte Versorgungsausgleichssache ist gebührenrechtlich als neue Angelegenheit zu behandeln. Für das nach dem 1.9.2009 wiederaufgenommene Verfahren ist die Vergütung stets nach dem RVG abzurechnen, auch wenn für das ursprüngliche Verbundverfahren noch die BRAGO anzuwenden war.
2. Anrechnung der Gebühren
Ist in dem alten Verbundverfahren bereits eine Vergütung für die Folgesache Versorgungsausgleich entstanden, muss sich der Anwalt diese nach § 15 Abs. 2 S. 1 RVG anrechnen lassen, da es sich i.S.d. § 21 Abs. 3 RVG bei der abgetrennten Folgesache und dem nun wiederaufgenommenen Verfahren um eine Angelegenheit handelt.
Die Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichsverfahrens stellt zudem keine weitere Auftragserteilung i.S.d. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG dar, auch wenn seit dem Erlass des Scheidungsurteils und der Aussetzung nach § 2 VAÜG zwei Kalenderjahre vergangen sind. Der Anwalt muss daher § 21 Abs. 3 RVG in jedem Fall beachten, wenn nicht ein Anwaltswechsel stattgefunden hat.
3. Berechnungsbeispiele
a) Einreichung des Scheidungsantrags und Erlass der Aussetzungsentscheidung nach dem 1.1.2007
Sowohl für das Alt-Verbundverfahren als auch für die selbstständige Familiensache gilt das RVG.
Der Scheidungsantrag wurde 2007 gestellt. Im Jahr 2008 wird über die Scheidung entschieden und der Versorgungsausgleich ausgesetzt. Der Wert beträgt 9.500,00 EUR für die Scheidung und 1.000,00 EUR für den Versorgungsausgleich. Nach dem 1.9.2009 wird der Versorgungsausgleich wieder aufgenommen und ohne mündliche Verhandlung darüber entschieden. Der Wert beträgt jetzt 2.850,00 EUR.
Im Verbundverfahren war zunächst wie folgt abzurechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
|
(Wert: 10.500,00 EUR) |
683,80 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
|
(Wert: 10.500,00 EUR) |
631,20 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV, 19 % aus 1.335,00 EUR |
253,65 EUR |
|
Gesamt |
1.588,65 EUR |
Im selbstständigen Verfahren kann der Anwalt die Gebühren gesondert geltend machen, jedoch handelt es sich im Verhältnis zur abgetrennten Folgesache im Alt-Verbundverfahren um dieselbe Angelegenheit (§ 21 Abs. 3 RVG). Anzurechnen ist im selbstständigen Verfahren daher die Differenz zwischen der tatsächlichen Verfahrensgebühr des Alt-Verbundverfahrens und der Verfahrensgebühr, die entstanden wäre, wenn der Versorgungsausgleich dort nicht anhängig gewesen wäre:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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(Wert: 10.500,00 EUR) |
683,80 EUR |
2. |
abzüglich 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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|
(Wert: 9.500,00 EUR) |
- 631,80 EUR |
3. |
Anzurechnender Differenzbetrag |
52,00 EUR |
In dem selbstständigen Verfahren erhält der Anwalt somit noch:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
|
(Wert: 2.850,00 EUR) |
245,70EUR |
2. |
anzurechnen sind |
- 52,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV, 19 % aus 213,70 EUR |
40,60 EUR |
|
Gesamt |
254,30 EUR |
b) Geänderter Umsatzsteuersatz – Einreichung des Scheidungsantrags nach dem 1.7.2004, Aussetzungsentscheidung vor dem 1.1.2007
War der Scheidungsantrag nach dem 1.7.2004 eingereicht, die Entscheidung über die Aussetzung aber noch vor dem 1.1.2007 ergangen, muss berücksichtigt werden, dass der Umsatzsteuersatz im Altverbundverfahren noch 16 % beträgt, während er in der selbstständigen Familiensache mit 19 % anzusetzen ist. Nach Schneider ist in solchen Fällen die Anrechnung brutto vorzunehmen, so dass der Differenzbetrag faktisch mit 3 % nachversteuert wird. Gleiches gilt für die anderen Stichtage, zu denen eine Änderung des Umsatzsteuersatzes eingetreten ist. Der Umsatzsteuersatz betrug vom 1.7.1983 – 31.12.1992: 14 %, vom 1.1.1993 – 31.3.1998: 15 %, vom 1.4.1998 – 31.12.2006: 16 %.
Der Scheidungsantrag wurde 2005 gestellt. Im Jahr 2006 wird über die Scheidung entschieden und der Versorgungsausgleich ausgesetzt. Der Wert beträgt 9.500,00 EUR für die Scheidung und 1.000,00 EUR für den Versorgungsausgleich. Nach dem 1.9.2009 wird der Versorgungsausgleich wieder aufgenommen und ohne mündliche Verhandlung darüber entschieden. Der Wert beträgt jetzt 2.850,00 EUR.
Im Verbundverfahren war zunächst wie folgt abzurechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
|
(Wert: 10.500,00 EUR) |
683,80 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
|
(Wert: 10.500,00 EUR) |
631,20 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV, 16 % aus 1.335,00 EUR |
213,60 EUR |
|
Gesamt |
1.548,60 EUR |
Im selbstständigen Verfahren muss der Anwalt die Verfahrensgebühr anrechnen, soweit sie für den Versorgungsausgleich entstanden ist.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
|
(Wert: 10.500,00 EUR) |
683,80 EUR |
2. |
abzüglich 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
|
(Wert: 9.500,00 EUR) |
- 631,80 EUR |
3. |
Differenzbetrag zunächst: |
52,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV, 16 % aus 52,00 EUR |
8,32 EUR |
|
Anzurechnen sind somit |
60,32 EUR |
In dem selbstständigen Verfahren erhält der Anwalt somit noch:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
|
(Wert: 2.850,00 EUR) |
245,70 EUR |
2. |
abzüglich im Alt-Verbundverfahren entstandener: |
- 60,3... |