RVG §§ 3a, 4b; BGB § 812
Leitsatz
- Bei einer formunwirksamen Honorarvereinbarung wird der anwaltliche Gebührenanspruch auf das gesetzliche Honorar begrenzt. Ein Rückzahlungsanspruch des Mandanten folgt dann aus Bereicherungsrecht und nicht aus dem geschlossenen Anwaltsdienstvertrag.
- Von einer freiwilligen und vorbehaltlosen Zahlung des Mandanten gem. § 4 Abs. 1 S. 3 RVG (in der Fassung v. 1.7.2004 bis 30.6.2008) kann nur ausgegangen werden wenn er weiß, dass seine Zahlung die gesetzliche Vergütung übersteigt und er mehr zahlen will, als er ohne die Vergütungsvereinbarung zu zahlen hätte. Eine über § 4b S. 2 RVG (gültig ab 1.7.2008) mögliche Einwendung des Rechtsanwalts nach § 814 BGB setzt eine positive Kenntnis des Mandanten darüber voraus, dass er nach der Rechtslage kein höheres Honorar als das gesetzliche schuldet. In beiden Fällen erfordert dieses Wissen eine ausreichende Informationsgrundlage des Mandanten.
- Die Darlegungs- und Beweislast für die Kenntnis des Mandanten hat der Rechtsanwalt. Er kann durch einen dokumentierten Hinweis darauf, dass die vereinbarte Vergütung die gesetzlichen Gebühren übersteigt, für eine beweiskräftige Information des Mandanten sorgen. Kann zu Beginn der Tätigkeit des Rechtsanwalts keine zuverlässige Prognose über den Zeitaufwand und die damit einhergehende Honorarhöhe getroffen werden, so sollte er den Mandanten jedenfalls dann informieren, wenn die vereinbarte Vergütung die Schwelle zum gesetzlichen Honorar überschreitet.
- Es ist allein Sache des Rechtsanwalts, für eine formgerechte Honorarvereinbarung Sorge zu tragen. Dies gilt auch dann, wenn der Mandant Volljurist ist (hier: juristische Mitarbeiter eines Rechtsamts einer Großstadt). Auch dann muss der Mandant nicht wissen und sich nicht dahingehend informieren, dass eine mündlich geschlossene Honorarabrede formunwirksam ist.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.6.2018 – 24 U 131/17
1 Sachverhalt
Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten die Rückzahlung von Anwaltsvergütung geltend.
Die Beklagte war von der Klägerin im Jahr 2008 mit der Beratung und Vertretung im Rahmen einer Förderangelegenheit mandatiert worden. Ende der 90er-Jahre hatte die Klägerin aus unterschiedlichen Quellen Gelder erhalten, um ein in ihrem Eigentum stehendes denkmalgeschütztes Speichergebäude im Innenhafen zu sanieren und dort ein Kindermuseum namens "A." zu errichten. Sie erhielt Fördermittel des Landes Nordrhein-Westfalen, der EU und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Millionenhöhe. Da der Betrieb des Museums defizitär war, wurde es geschlossen. Die Klägerin wurde mit Rückforderungsansprüchen konfrontiert. In dieser Situation nahm sie Kontakt zu der als Partnerin für die Beklagte tätigen Rechtsanwältin Dr. H auf. Zwischen dieser und dem Leiter des Rechtsamts der Klägerin, dem Zeugen J, fand am 7.4.2008 ein Gespräch statt. Am 8.4.2008 übersandte der Zeuge J der Beklagten die in der Förderangelegenheit von der Klägerin geführten Akten. Das Mandat umfasste sowohl die interne rechtliche Beratung als auch die außergerichtliche und die gerichtliche Vertretung sowie die Verhandlungen mit den Fördergebern. Neben Frau Dr. H war für die Beklagte auch Rechtsanwältin S tätig.
Im Juni 2009 erhob die Bank Klage vor dem LG auf Teilrückzahlung von gewährten Fördergeldern i.H.v. über 2,8 Mio. EUR. Mit Urt. des LG wurde die Klägerin in vollem Umfang zur Rückzahlung verurteilt. Die von ihr eingelegte Berufung vor dem OLG wurde durch die Beklagte weisungsgemäß zurückgenommen.
Im Verlauf des Mandatsverhältnisses stellte die Beklagte der Klägerin diverse Rechnungen, bezüglich derer auf den Schriftsatz der Klägerin v. 6.6.2016 Bezug genommen wird. Den Rechnungen lag jeweils ein Stundensatz für Rechtsanwältin Dr. H i.H.v. 297,00 EUR und für Rechtsanwältin S i.H.v. 240,00 EUR zu Grunde. Die Klägerin hat in der Angelegenheit unstreitig insgesamt 403.524,81 EUR an die Beklagte gezahlt. Die erste Rechnung der Beklagten datiert auf den 24.7.2008 und bezieht sich auf den Abrechnungszeitraum April 2008, die letzte Rechnung stammt v. 26.2.2015. Sie bezieht sich auf Tätigkeiten im Januar 2015. Auf die beispielhaft vorgelegte Rechnung v. 17.10.2008 nebst Tätigkeitsnachweis wird Bezug genommen.
Ob zwischen den Parteien eine mündliche Honorarvereinbarung zustande gekommen ist, steht im Streit. Eine schriftliche Honorarvereinbarung existiert nicht. In den Akten der Beklagten befindet sich lediglich der nicht unterzeichnete Entwurf einer Honorarvereinbarung.
Mit Wirkung zum 1.1.2015 wurde die Beklagte von einer Partnerschaft in eine Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung umgewandelt. Aus diesem Grund schrieb die Beklagte ihre Mandanten, u.a. die Klägerin unter dem 26.2.2015, an. Dort heißt es u.a.:
"Da auf Grund des Rechtsformwechsels unsere Mandats- und Vergütungsvereinbarung aus dem Jahr 2008 zwar nicht unwirksam, aber doch formal anpassungsbedürftig geworden ist, würden wir diese Gelegenheit zudem gerne dazu nutzen, Ihnen auch eine aktualisierte Mandats- und eine aktualisierte Vergütungsvereinbarung ...