I. Die vom Beklagten behauptete Abrede, der Kläger zu 2) habe am 30.4.2018 gegenüber dem Beklagten erklärt, er sei mit einer Verrechnung der offenen Miete i.H.v. 250,00 EUR mit der hinterlegten Kaution einverstanden, ist grds. geeignet, den geltend gemachten Anspruch auf Mietzins zu Fall zu bringen. Es wurde bislang jedoch nicht hinreichend dazu vorgetragen, dass der Kläger zu 2) Vertretungsmacht für die Klägerin zu 1) hatte. Zur Wirksamkeit der Abrede ist eine Willenserklärung beider Kläger als Vermieter erforderlich. Das Gericht erwägt hierzu, ggfs. die Grundsätze der Anscheinsvollmacht anzuwenden (vgl. BGH NJW 2014, 2790). Eine Vertretungsmacht des Klägers zu 2) folgt dann aus dem durch die Klägerin zu 1) vorwerfbar verursachten Rechtsschein einer wirksamen Vertretung. Beide Parteien mögen hierzu näher vortragen.
II. Das Gericht erachtet den Vortrag des Beklagten für erheblich, die Kläger hätten die Zahlungsunfähigkeit schuldhaft dadurch verursacht, dass sie als Geschäftsführer und Gesellschafter der R GmbH & Co. KG vorwerfbar die Lohnersatzleistungen und sonstigen Forderungen, die dem Beklagten als Arbeitnehmer der KG zustanden, nicht gezahlt haben. Die auf die fehlende Mietzahlung gestützte, anwaltlich ausgesprochene Kündigung ist nach Vortrag des Beklagten unrechtmäßig ergangen, da die Kläger durch die Nichtzahlung der dem Beklagten zustehenden Forderungen den Kündigungsgrund schuldhaft unredlich erworben haben. Ein Anspruch auf die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten für die Kündigung i.H.v. 406,50 EUR besteht mangels wirksamer Kündigung und vorwerfbaren Verzuges des Beklagten nicht.
Nach Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 114 Rn 28 und OLG Hamburg, Beschl. v. 18.9.1996 – 12 UF 24/96 ist dem Berufungskläger Prozesskostenhilfe bei nur teilweiser Erfolgsaussicht jedoch dann zu verwehren, wenn der erfolgsversprechende Teil unter der Mindestbeschwer von 600,00 EUR liegt. Vorliegend verspricht die Berufung hinsichtlich der Verurteilung zur Mietzinszahlung möglicherweise keinen hinreichenden Erfolg (s. oben zu I.), sodass der erfolgversprechende Teil mit 406,50 EUR unter der Mindestbeschwer liegt. Die Beschwer hinsichtlich der im erstinstanzlichen Urteil gefällten Entscheidung nach § 91a ZPO wegen des nach Auszug des Beklagten erledigten Räumungsanspruchs wird nicht berücksichtigt (BGH, Beschl. v. 21.1.2014 – VI ZB 43/13, juris Rn 4).
Das Gericht beabsichtigt, dieser Ansicht nicht zu folgen und ggfs. Prozesskostenhilfe nur für den erfolgversprechenden Teil zu gewähren. Die Ansicht von Geimer erschwert dem Mittellosen trotz zulässiger Berufungseinlegung die Rechtsverfolgung und stellt ihn unzulässig schlechter als den Vermögenden. Zudem kann die Rspr. des BGH zur Prozesskostenhilfe bei Nichtzulassungsbeschwerde analog herangezogen werden: Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auch dann zulässig, wenn der Zulassungsgrund nur für einen Teil des Streitstoffs besteht, der die Mindestbeschwer unterschreitet, solange der Beschwerdeführer vorträgt, es gebe für sein gesamtes Begehren Zulassungsgründe. In diesem Falle wird die Revision für die erfolgversprechenden Streitgegenstände zugelassen, auch wenn sie die Mindestbeschwer unterschreiten (BGH, Beschl. v. 13.3.2006 – I ZR 105/05; v. 11.5.2006 – VII ZR 131/05; v. 23.5.2007 – IV ZR 19/06). Entgegen der Ansicht des OLG Hamburg kann der Berufungskläger in der mündlichen Verhandlung einen erfolgversprechenden Antrag stellen. Der Antrag, für den Prozesskostenhilfe bewilligt werden soll, wird nicht dadurch unzulässig, dass die Berufung i.Ü. unbegründet ist. Solange die Berufung wie vorliegend insgesamt zulässig ist, bleibt der begründete Antrag, der die Mindestbeschwer nicht erreicht, erfolgversprechend.
Zu beachten ist jedoch, dass unabhängig von der Gewährung von Prozesskostenhilfe die Berufung unzulässig wird, wenn sie willkürlich teilweise zurückgenommen wird und der verbleibende Teil unter die Mindestbeschwer fällt (vgl. BGH, Beschl. v. 10.1.2017 – VIII ZR 98/16).
AGS 4/2020, S. 199 - 200