GKG §§ 1 Abs. 5, 21 Abs. 1 S. 1, 66 Abs. 6 S. 1; GG Art. 101 Abs. 1 S. 2
Leitsatz
- Mit Zugang der Kostenrechnung beim Kostenschuldner endet die Befugnis des Ausgangsgerichts zur Entscheidung über einen Antrag auf Niederschlagung der Gerichtskosten gem. § 21 Abs. 1 S. 1 GKG; ab diesem Zeitpunkt ist ein derartiger Antrag als Erinnerung gegen den Kostenansatz zu betrachten, über die der gem. § 66 Abs. 6 S. 1, § 1 Abs. 5 GKG zuständige Einzelrichter entscheidet.
- Ein Beschluss durch das Erstgericht in der Besetzung mit drei Richtern verstößt gegen das Gebot der Entscheidung durch den gesetzlichen Richter (Anschluss an BGH, Beschl. v. 15.8.2002 – I ZA 1/01, NJW 2002, 3410; s.a. BVerfG, Beschl. v. 2.6.2009 – BvR 2295/08, NJW-RR 2010, 268).
OLG München, Beschl. v. 26.2.2020 – 11 W 215/20
1 Sachverhalt
Durch Endurteil v. 20.11.2019 gab die Zivilkammer des LG in der Besetzung mit drei Berufsrichtern der Klage des Klägers wegen Entrichtung restlichen Architektenhonorars teilweise statt und wies diese i.Ü. ab. Ferner ordnete das LG an, dass der Kläger von den Kosten des Rechtsstreits 60 %“ der Beklagte 40 % zu tragen hat.
Mit Schlusskostenrechnung v. 22.11.2019 setzte die Kostenbeamtin des LG die Gerichtskosten mit insgesamt 9.077,62 EUR fest. Darin enthalten ist eine Sachverständigenvergütung gem. Nr. 9005 GKG-KostVerz. i.H.v. 8.042,62 EUR für den durch Beweisbeschluss des LG bestellten und im Verfahren tätigen Sachverständigen. Der auf den Kläger entfallende 60 %ige Kostenanteil wurde mit 5.446,57 EUR bestimmt.
Hiergegen richtet sich die Erinnerung des Klägers v. 6.12.2019 mit dem Antrag, die in der Schlusskostenrechnung enthaltene Sachverständigenvergütung wegen unrichtiger Sachbehandlung niederzuschlagen. Das erkennende Gericht habe den Sachverständigen mit der Beantwortung von Rechtsfragen beauftragt sowie die geschuldete rechtliche Überprüfung der entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte vor Erlass des Beweisbeschlusses unterlassen.
Durch Beschl. v. 7.1.2020 wies die Zivilkammer des LG in der Besetzung mit drei Berufsrichtern den Antrag des Klägers, die Kosten für die Begutachtung durch den Sachverständigen i.H.v. 8.042,62 EUR wegen unrichtiger Sachbehandlung niederzuschlagen, zurück.
Mit Schriftsatz v. 23.1.2020 legte der Kläger gegen den Beschl. v. 7.1.2020 Beschwerde ein.
Durch Beschl. v. 12.2.2020 half die Zivilkammer des LG in der Besetzung mit drei Berufsrichtern der Beschwerde nicht ab und legte die Akten zur Entscheidung dem OLG vor.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde des Klägers führt zur Aufhebung des Kammerbeschlusses v. 7.1.2020 sowie zur Zurückverweisung der Sache an das LG zur Entscheidung über die Kostenerinnerung des Klägers.
a. Das Rechtsmittel der Beschwerde ist statthaft.
Bei dem Kammerbeschluss v. 7.1.2020 handelt es sich um eine Entscheidung des Erstgerichts gem. § 21 Abs. 2 S. 1 GKG über die Frage der Nichterhebung der (Sachverständigen-)Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung. Gegen eine solche Entscheidung des Erstgerichts findet gem. § 66 Abs. 2 GKG die – einfache – Beschwerde statt (Hartmann, KostG, 47. Aufl., § 21 GKG, Rn 66; BDZ-Zimmermann, GKG, 4. Aufl., § 21 Rn 13; BeckOK-Dörndorfer, Kostenrecht, 28. Edition, § 21 GKG, Rn 9).
b. Der angefochtene Beschluss leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel, da die Entscheidung nicht durch den zuständigen gesetzlichen Richter i.S.d. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG ergangen ist.
Das LG hat in unzulässiger Weise als Erstgericht – in der Besetzung mit drei Berufsrichtern – über die Frage der Nichterhebung von Gerichtskosten gem. § 21 GKG entschieden. Nachdem die Kostenrechnung v. 22.11.2019 mit den darin enthaltenen Sachverständigenkosten dem Kostenschuldner bereits zugegangen war und er diese i.Ü. auch ausdrücklich mit dem Rechtsbehelf der Erinnerung angegriffen hat, war eine Entscheidungsbefugnis des Erstgerichts über die Frage der Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung gem. § 21 GKG nicht mehr gegeben. Mit Zugang der Kostenrechnung ist vielmehr über die Frage der Nichterhebung von Verfahrenskosten ausschließlich im Rahmen des Erinnerungsverfahrens gegen den Kostenansatz zu entscheiden, wofür gem. § 66 Abs. 6 S. 1 GKG eine originäre Zuständigkeit des Einzelrichters gegeben ist.
aa. Mit Zugang einer Kostenrechnung an den Kostenschuldner ist über die Frage der Nichterhebung von Gerichtskosten ausschließlich im Rahmen des Erinnerungsverfahrens gegen den Gerichtskostenansatz zu entscheiden. Eine Entscheidungsbefugnis des Erstgerichts ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben.
aaa. Der – teilweise – Wegfall des staatlichen Kostenanspruchs i.S.d. § 21 GKG setzt grds. eine gerichtliche Entscheidung voraus. Die Entscheidung über die Nichterhebung entstandener Gerichtskosten trifft dabei das Gericht, d.h. der Richter bzw. in übertragenen Geschäften der Rechtspfleger, bei dem die unrichtige Sachbehandlung zu Mehrkosten geführt hat. Die gerichtliche Entscheidung über die Nichterhebung kann dabei bereits in die Kostengrundentscheidung des Endurteils über die Hauptsache aufgenommen werden; an...