1. Gesetzliche Regelung
Gem. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO kann der Anspruch auf Erstattung von Prozesskosten nur aufgrund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden. Dieser muss gem. § 103 Abs. 1 ZPO eine zumindest vorläufig vollstreckbare Kostengrundentscheidung enthalten. Ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel ist gem. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch ein die dort geregelten Voraussetzungen erfüllender Vergleich. Mithin war der hier vor dem OLG Nürnberg in der mündlichen Verhandlung geschlossene Prozessvergleich ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel, der Grundlage der Kostenfestsetzung sein konnte.
Auf Antrag des Antragstellers ist gem. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO in dem Kostenfestsetzungsbeschluss auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen sind.
2. Verzinsungsbeginn im Fall des BGH
Der Kläger hatte seinen (ersten) nach Erlass des Urteils des LG Weiden i. d. OPf. gestellten Kostenausgleichungsantrag am 10.11.2016 beim LG eingereicht. Dieses Datum war für die Verzinsung der Kosten der ersten Instanz nach Auffassung des BGH jedoch nicht maßgeblich. Dies hat der BGH damit begründet, dem Kläger stünden Zinsen nach § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO frühestens von dem Zeitpunkt an zu, zu dem der Titel vorliege. Da die Parteien in dem Vergleich keine hiervon abweichende Vereinbarung getroffen hätten, bestimme sich somit der Zinsbeginn nach dem Eingangsdatum des auf den Vergleich bezogenen Kostenfestsetzungsantrags. Die vergleichsweise getroffene Kostenregelung ermögliche es nämlich nicht, für den Beginn des Zinsanspruchs auf den Eingang des auf die Kostengrundentscheidung im für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil des LG gestützten Ausgleichungsantrags abzustellen. Dies hat der BGH wie folgt begründet.
a) Vorliegen des vollstreckbaren Titels
Der BGH hat zunächst argumentiert, der im Kostenfestsetzungsverfahren zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss fülle lediglich die Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Höhe des zu erstattenden Kostenbetrags aus. Dieser Beschluss sei sowohl hinsichtlich seiner Entstehung als auch seines Bestandes von der Kostengrundentscheidung abhängig. Werde die Kostengrundentscheidung aufgehoben oder abgeändert, verliere ein auf ihrer Grundlage erlassener Kostenfestsetzungsbeschluss im Umfang der Aufhebung oder Abänderung seine Wirkung (s. BGH RVGreport 2013, 242 [Hansens] = NJW 2013, 2438; BGH RVGreport 2009, 24 [Hansens] = NJW-RR 2008, 1082).
Dies gilt nach den weiteren Ausführungen des BGH hinsichtlich des gestellten Zinsantrags entsprechend, wenn die Kostenfestsetzung nur beantragt, aber noch nicht erfolgt sei. Ein solcher Fall habe hier vorgelegen. Die Kostenentscheidung des landgerichtlichen Urteils habe nämlich keinen Bestand mehr. Durch den Abschluss des Vergleichs im Berufungsrechtszug sei der Prozess und dessen Rechtshängigkeit beendet worden, sodass das landgerichtliche Urteil und der darauf beruhende Kostenfestsetzungsantrag wirkungslos geworden seien. Wenn die Kostengrundentscheidung eines Urteils durch einen Prozessvergleich ersetzt werde, sei sie nicht mehr zur Kostenfestsetzung geeignet. Für die Verzinsung (der erstinstanzlichen Kosten) ist deshalb nach Auffassung des BGH allein der auf den Vergleich gestützte Kostenfestsetzungsantrag maßgebend.
b) Keine Vereinbarung zu Zinsansprüchen
Etwas anderes gilt nach den weiteren Ausführungen des BGH nur dann, wenn die Parteien sich in dem Vergleich auf den Fortbestand der früheren Kostengrundentscheidung geeinigt hätten. Der vor dem Berufungsgericht am 11.10.2017 getroffene Vergleich habe jedoch keinerlei Vereinbarung zu Zinsansprüchen enthalten. Mit der Kostenregelung im Vergleich hätten die Parteien eine andere, wenn auch teilweise mit der landgerichtlichen Kostenentscheidung übereinstimmende, Regelung getroffen, wonach die Beklagte 93 % der Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen habe. Die Parteien hätten die Kostengrundentscheidung von der prozessbeendenden Wirkung des Vergleichs nicht ausgeschlossen. Sie hätten auch keine Regelung getroffen, dass es ganz oder zumindest im Umfang von 93 % der Kosten bei der gerichtlichen Kostengrundentscheidung verbleiben solle.
c) Rechtsprechung zur gerichtlichen Abänderung der Kostengrundentscheidung im Rechtsmittelverfahren nicht anwendbar
Der BGH hatte im Jahr 2005 entschieden, dass bei einer Änderung der Kostengrundentscheidung im Berufungsverfahren derjenige Betrag der erstinstanzlichen Kosten, der übereinstimmend sowohl nach der erst- als auch nach der zweitinstanzlichen Kostengrundentscheidung zu erstatten ist, seit dem Eingang des ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrags zu verzinsen ist (BGH RVGreport 2007, 152 [Hansens] = AGS 2006, 515). Dies hatte der BGH seinerzeit u.a. damit begründet, die Kostenentscheidung werde – ebenso wie die Sachentscheidung – im Rechtsmittelverfahren nur insoweit abgeändert, als sie inhaltlich von der Vorentscheidung abweiche. ...