1. Die Argumentation des BGH
Die Argumente des BGH überzeugen mich nicht vollends. Auch einer zweitinstanzlichen gerichtlichen Kostenentscheidung lässt sich nicht immer entnehmen, ob diese ganz oder teilweise eine Bestätigung oder Aufrechterhaltung des bisherigen Prozessergebnisses aussprechen will. Die zweitinstanzliche Kostengrundentscheidung kann ihre Grundlage nämlich in einem Anerkenntnis oder in der Säumnis einer Partei haben.
Außerdem können die Parteien in der Berufungsinstanz einen Vergleich ohne Kostenregelung treffen, den Rechtsstreit dann in der Hauptsache für erledigt erklären und dem Gericht die Kostenentscheidung gem. § 91a ZPO überlassen. In einem solchen Fall entscheidet das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Auch damit muss nicht zwingend eine (teilweise) Bestätigung oder Aufrechterhaltung des bisherigen Prozessergebnisses verbunden sein.
Der BGH ist auch nicht auf die Besonderheiten des vorliegenden Falls eingegangen. Er hält – so ergibt es sich eindeutig aus dem amtlichen Leitsatz – für die Verzinsung der erstinstanzlichen Kosten das Eingangsdatum des auf den Prozessvergleich bezogenen Kostenfestsetzungsantrags für maßgeblich. Nach Vergleichsschluss hatte der Kläger jedoch gar keinen auf die erste Instanz bezogenen Kostenfestsetzungsantrag gestellt. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt hatte er seinen am 10.11.2016 beim LG Weiden i. d. OPf. eingegangenen Kostenausgleichungsantrag für die erste Instanz auf der Grundlage des landgerichtlichen Urteils vom 4.10.2016 gestellt. Über diesen Antrag ist wohl deshalb vom Rechtspfleger zunächst nicht entschieden worden, weil die Beklagte gegen das landgerichtliche Urteil Berufung eingelegt hatte. In seinem nach Vergleichsschluss am 11.10.2017 beim Landgericht am 20.10.2017 eingegangenen Kostenausgleichungsantrag hat der Kläger für die zweite Instanz weitere Kosten angemeldet. Für die Kosten der ersten Instanz hat der Kläger hingegen nach dem Vergleichsschluss vom 11.10.2017 keinen (neuen) Kostenfestsetzungsantrag gestellt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er in seinem die zweite Instanz betreffenden Kostenfestsetzungsantrag vom 20.10.2017 sich auf den die erste Instanz betreffenden Kostenfestsetzungsantrag vom 10.11.2016 bezogen hätte. Mangels eines auf den Prozessvergleich bezogenen nach Vergleichsschluss gestellten Kostenfestsetzungsantrags hätten die Kosten der ersten Instanz – nimmt man den BGH beim Wort – überhaupt nicht verzinst werden dürfen.
2. Verfahrensweise des Prozessbevollmächtigten
Die Entscheidung des BGH belegt wieder einmal, welche Folgen der Prozessbevollmächtigte berücksichtigen muss, wenn er für den Mandanten Vergleichsverhandlungen führt, die in einen gerichtlichen Vergleich münden. Im Regelfall liegt das Schwergewicht seiner Tätigkeit in den Vereinbarungen zur Hauptsache. Jedoch können auch Vereinbarungen hinsichtlich der Kostenfolgen große Auswirkungen auf den Mandanten haben. So hätte der Prozessbevollmächtigte des Klägers möglicherweise in dem Vergleich eine Vereinbarung mit der Beklagten erzielen können, wonach für den Beginn der Verzinsung der erstinstanzlichen Kosten der Eingang des Kostenfestsetzungsantrags vom 10.11.2016 maßgeblich ist. Aufgrund einer solchen Aussage hätte die Verzinsung der erstinstanzlichen Kosten, soweit sie mit der im Vergleich vereinbarten Kostenquote von 93 % übereinstimmt, bereits ab 10.11.2016 und nicht – wovon der BGH ausgeht – erst am 20.10.2017 begonnen.
Allerdings ist nicht gesagt, dass die entsprechenden Bemühungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers um eine solche Vereinbarung auch Erfolg gehabt hätten. Dies hängt im Einzelfall von den verschiedensten Umständen ab. Unternimmt der Prozessbevollmächtigte jedoch noch nicht einmal einen Versuch, auch die Besonderheiten des Kostenrechts in die Vergleichsverhandlungen einzubeziehen, so kann er sich möglicherweise gegenüber seinem Mandanten schadensersatzpflichtig machen.
Nach meinen praktischen Erfahrungen wird bei den Vergleichsverhandlungen vielfach vergessen, bestimmte kostenrechtlichen Besonderheiten zu berücksichtigen.
a) Mehrkosten der Anrufung des unzuständigen Gerichts
Wird die Klage zunächst bei einem örtlich oder sachlich unzuständigen Gericht erhoben und der Rechtsstreit dann an das zuständige Gericht verwiesen, gehören die Kosten vor dem zunächst angerufenen Gericht zu den Kosten des Rechtsstreits, die bei dem im Verweisungsbeschluss bezeichneten Gericht erwachsen sind (§ 281 Abs. 3 S. 1 ZPO). Dem Kläger sind dann die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt (§ 281 Abs. 3 S. 2 ZPO). Eine allgemeine Regelung für den Fall, dass der vom Kläger bestrittene Rechtsweg unzulässig ist, findet sich in § 17b Abs. 2 S. 2 GVG. In der Praxis kommt dies in der gerichtlichen Kostenentscheidung dergestalt zum Ausdruck, dass dem Kläger die Kosten der Anrufung des unzuständigen Gerichts vorab auferlegt werden, wobei darunter die durch die Anrufung d...