Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Säumniskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Schließen die Parteien einen das gesamte Verfahren beendenden Prozessvergleich, nachdem zuvor Versäumnisurteil gegen den Beklagten erlassen worden war, so gehört die Differenz zwischen der nach KV Nr. 1201 alter Gliederung (jetzt Nr. 1210) zum GKG entstandenen gerichtlichen Verfahrensgebühr, S. 3,0, und einer ohne das vorausgegangene Urteil nach KV Nr. 1202 (jetzt Nr. 1211) zu ermäßigenden gerichtlichen Verfahrensgebühr, S. 1,0, nicht zu den Kosten der Säumnis des Beklagten im Sinne von § 344 ZPO und einer entsprechenden vergleichsweisen Kostenregelung.

 

Normenkette

GKG KV Nr. 1202 (Nr. 1211 neuer Gliederung); ZPO § 344

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 30 O 174/00)

 

Tenor

In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden die nach dem vor dem LG Berlin geschlossenen vollstreckbaren Vergleich vom 29.3.2001 vom Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten nur auf 2.816,45 DM (in Worten: Zweitausendachthundert sechzehn 45/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 3.4.2001 festgesetzt.

Der weitergehende Kostenausgleichungsantrag der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens bei einem Wert von 400 bis 500 DM zu tragen.

 

Gründe

Die Parteien streiten darüber, ob zu den vom Beklagten allein zu tragenden Kosten seiner Säumnis auch ein Teil der gerichtlichen Verfahrensgebühr gehört. Der Beklagte ließ zunächst gegen sich Versäumnisurteil ergehen. Im Verhandlungstermin über seinen Einspruch gegen das Versäumnisurteil schlossen die Parteien einen das gesamte Verfahren beendenden Prozessvergleich mit Kostenregelung, wonach die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Vergleichs nach Quoten verteilt wurden und i.Ü. der Beklagte die Kosten seiner Säumnis trägt.

Auf die Kostenausgleichungsanträge der Parteien hat der Rechtspfleger des LG als vom Beklagten allein zu tragende Kosten seiner Säumnis die 5/10-Gebühr des Anwalts der Klägerin für die Verhandlung festgesetzt, die zum Versäumnisurteil geführt hat. Er hat ferner als Säumniskosten die Differenz zwischen der entstandenen Gebühr, S. 3,0, für das gerichtliche Verfahren gem. KV Nr. 1201 alter Gliederung (jetzt Nr. 1210) zum GKG und einer ermäßigten Verfahrensgebühr, S. 1,0, gem. KV Nr. 1202 (jetzt Nr. 1211) angesehen, die bei Verfahrensbeendigung durch Prozessvergleich nur entstanden wäre, wenn kein Urteil vorausgegangen wäre. Nur diese fiktive Gebühr hat er entsprechend den Kostenquoten ausgeglichen und die Differenz gegen den Beklagten allein festgesetzt. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten mit dem Ziel, die gesamte nach KV 1201 entstandene gerichtliche Verfahrensgebühr in die Ausgleichung einzubeziehen.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere entgegen der Annahme der Klägerin fristgerecht eingelegt, da der angefochtene Beschluss dem Beklagten zu Händen seines Prozessbevollmächtigten erst am 23.7.2001 zugestellt worden und die Beschwerdeschrift vom 6.4.2001 am selben Tag per Telefax beim LG eingegangen ist.

Das Rechtsmittel ist auch begründet. Der Beklagte macht im Ergebnis zutreffend geltend, dass die nach KV Nr. 1201 zum GKG i.H.v. 1.965 DM entstandene gerichtliche Verfahrensgebühr, S. 3,O, nicht nur in Höhe einer fiktiv nach KV Nr. 1202 Buchst. c) ermäßigten Verfahrensgebühr, S. 1,0 (655 DM), in die Ausgleichung einzubeziehen ist, sondern in voller Höhe. Die Verfahrensgebühr konnte sich zwar trotz Beendigung des gesamten Verfahrens durch Abschluss eines Prozessvergleichs nicht nach KV Nr. 1202 Buchst. c) ermäßigen, weil auch das vorangegangene Versäumnisurteil vom 12.10.2000 ein Urteil i.S.d. Ermäßigungsvorschrift ist (vgl. nur KG Berlin JurBüro 1999, 152). Bei der entsprechenden Gebührendifferenz handelt es sich aber entgegen der Annahme des LG nicht um vom Beklagten allein zu tragende Kosten seiner Säumnis i.S.d. Kostenregelung des Vergleichs. Soweit die Klägerin ohne Begründung meint, der Beklagte habe damit sogar alle bis zu seiner Säumnis durch unterlassene Antragstellung angefallenen Kosten und Gebühren übernommen, kommt dies in der Kostenregelung des Vergleichs offensichtlich nicht zum Ausdruck (vgl. auch OLG München v. 7.8.1981 – 11 W 1758/81, Rpfleger 1981, 495).

Auszugehen ist entsprechend der an § 344 ZPO orientierten Wortwahl der Kostenregelung davon, dass mit „Kosten seiner Säumnis” die Übernahme derjenigen Kosten gemeint ist, die im Falle einer gerichtlichen Kostenentscheidung nach § 344 ZPO unabhängig vom Prozessausgang dem Beklagten aufzuerlegen wären, also „die durch die Versäumnis veranlassten Kosten”. Nach Wortsinn und Zweck des § 344 ZPO und dementsprechend der daran anknüpfenden Kostenregelung des Prozessvergleichs muss es sich um solche Mehrkosten handeln, die aussonderbar von den übrigen Kosten des Rechtsstreits ausschließlich durch die Säumnis veranlasst worden sind, also regelmäßig um zusätzliche Kosten, die ohne die Säumnis nicht entstanden wären. Als Beispiele für mögliche...

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