1. Gesetzliche Regelung
Gem. § 21 Abs. 1 S. 1 GKG sind Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht zu erheben. Zu diesen Kosten gehören nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 S. 1 GKG die (gerichtlichen) Gebühren und Auslagen. Unter den gerichtlichen Auslagentatbestand fallen u.a. nach Nr. 9005 GKG KV die nach dem JVEG zu zahlenden Beträge, somit auch die vom LG München I an den Sachverständigen Z. gezahlte Sachverständigenvergütung.
2. Zuständigkeit
Gem. § 21 Abs. 2 S. 1 GKG entscheidet über die Nichterhebung von Kosten das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, kann nach § 21 Abs. 2 S. 2 GKG über die Nichterhebung der Kosten im Verwaltungswege entschieden werden. Ein solcher Fall hatte hier nicht vorgelegen.
Nach Auffassung des OLG München hatte hier die Zivilkammer 24 des LG München I in unzulässiger Weise als Erstgericht in der Besetzung mit drei Berufsrichtern entschieden. Nachdem nämlich der Kostenbeamte den Gerichtskostenansatz mit der beanstandeten Sachverständigenvergütung erstellt hatte, sei vielmehr über die Nichterhebung der gerichtlichen Auslagen ausschließlich im Rahmen des Erinnerungsverfahrens gem. § 66 Abs. 1 GKG zu entscheiden.
a) Entscheidung durch das Gericht
Das OLG München hat darauf hingewiesen, dass der teilweise Wegfall des staatlichen Kostenanspruchs durch Anordnung der Nichterhebung der Gerichtskosten nach § 21 GKG grds. eine gerichtliche Entscheidung voraussetzt. Diese Entscheidung treffe das Gericht, also der Richter oder – in durch das RPflG auf den Rechtspfleger übertragenen Geschäften – der Rechtspfleger, bei dem die unrichtige Sachbehandlung zu den beanstandeten Mehrkosten geführt haben soll. Das OLG München weist darauf hin, dass diese gerichtliche Entscheidung – vom Richter – bereits in die Kostengrundentscheidung des Endurteils über die Hauptsache aufgenommen werden kann oder – vom Richter oder Rechtspfleger – in einem gesonderten Beschluss erfolgen kann. Dabei entscheide das Gericht auf Antrag des Kostenschuldners oder aber auch von Amts wegen.
b) Entscheidung auf Erinnerung
Stellt der Kostenschuldner nach Zugang des Gerichtskostenansatzes den Antrag auf Nichterhebung von Gerichtskosten gem. § 21 Abs. 1 S. 1 GKG, handelt es sich nach den weiteren Ausführungen des OLG München der Sache nach um einen Einwand gegen den Gerichtskostenansatz, also gegen die Anforderung der berechneten Gebühren und Auslagen. Folglich sei er als Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz i.S.v. § 66 Abs. 1 S. 1 GKG zu behandeln (BGH NJW-RR 1997, 831; BGH NJW 2002, 3410 für § 8 GKG a.F.; OLG München AGS 2020, 180; Hess. VGH NJW 2012, 3738 für § 21 Abs. 1 GKG).
Dies gilt nach den Ausführungen des OLG München unabhängig davon, ob der Kostenschuldner in seinem Antrag auf Niederschlagung der Gerichtskosten ausdrücklich auf den Gerichtskostenansatz Bezug genommen hat und sein Ersuchen als Erinnerung gegen diesen Kostenansatz bezeichnet hat. Es komme nämlich nicht auf den Zugang des Gerichtskostenansatzes beim Kostenschuldner an, maßgeblich sei allein auf die Existenz des Gerichtskostenansatzes abzustellen. Dies habe zur Folge, dass es für die Frage, wann der den Antrag auf Niederschlagung der Gerichtskosten stellende Kostenschuldner Kenntnis von dem Gerichtskostenansatz erlangt hat, nicht ankomme. Vielmehr sei entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Kostenbeamte den Gerichtskostenansatz erstellt habe. Der zeitlich danach gestellte Antrag auf Niederschlagung der Gerichtskosten sei dann als Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz anzusehen.
c) Entscheidung des Einzelrichters
Ist somit über den Antrag der Beklagten auf – teilweise – Niederschlagung der Gerichtskosten im Rahmen eines Erinnerungsverfahrens nach § 66 Abs. 1 GKG zu entscheiden, ist nach den weiteren Ausführungen des OLG München hierfür gem. § 66 Abs. 6 S. 1 HS 1 GKG der Einzelrichter des Gerichts zuständig. Da vorliegend die Zivilkammer 24 des LG München I ihre Entscheidung in der Besetzung mit drei Berufsrichtern getroffen hatte, anstatt im Rahmen des Erinnerungsverfahrens durch den Einzelrichter zu entscheiden, liegt nach Auffassung des OLG München ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter i.S.v. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG vor. Gesetzlicher Richter im Sinne dieser Vorschrift sei nämlich nicht nur das Gericht als organisatorische Einheit und das erkennende Gericht als Spruchkörper, sondern der im Einzelfall zur Mitwirkung berufene Richter (s. BVerfG NJW-RR 2010, 268). Hat damit das Gericht in einer originären Einzelrichtersache in voller Besetzung entschieden und ist dabei in offensichtlich unhaltbarer und objektiv willkürlicher Weise von seiner Entscheidungszuständigkeit in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ausgegangen, liegt ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter vor.
Das OLG München hat deshalb den Beschluss des LG München I aufgehoben und die Sache zur weiteren Entscheidung über den als Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz anzusehenden Antrag der Beklagten an das LG München I zurückverwiese...