Der Entscheidung des OLG Celle ist fast in allen Punkten zuzustimmen. Nur mit den Ausführungen des OLG, die Teil-Klagerücknahme müsse dem Gericht bei der Verhandlung bekannt gewesen sein, gehe ich konform.
Die Entscheidung des OLG Celle gibt Anlass, sich mit der Terminsgebühr im Falle der teilweisen oder völligen Klagerücknahme näher zu befassen.
1. Anfall der Termisngebühr
Die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV entsteht für die Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung (s. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV). Dieser Termin beginnt mit dem Aufruf der Sache gem. § 220 Abs. 1 ZPO (s. BGH AGS 2010, 561 m. Anm. Onderka = RVGreport 2010, 427 [Hansens]). Folglich ist für die Berechnung der Terminsgebühr der der zum Zeitpunkt des Aufrufs der Sache maßgebliche Gegenstandswert zu berücksichtigen.
2. Einfluss der (Teil-)Klagerücknahme
Dies führt somit dazu, dass eine nach Aufruf der Sache erfolgte (Teil-)Klagerücknahme nicht zum Wegfall der Terminsgebühr oder auch nur zu deren Berechnung nach einem geringeren Gegenstandswert führen kann. Denn die nach Anfall der Terminsgebühr erfolgte (Teil-)Klagerücknahme hat gem. § 15 Abs. 4 RVG nicht den völligen oder auch nur teilweisen Wegfall der bereits angefallenen Terminsgebühr zur Folge (KG RVGreport 2006, 149 [Hansens]; OLG Frankfurt AGS 2020, 503 = RVGreport 2020, 225 [Hansens]).
3. Kenntnis von der Klagerücknahme
Im Fall des OLG Frankfurt (a.a.O.) hatte die Prozessbevollmächtigte der Beklagten von der Teilklagerücknahme erst im Termin zur mündlichen Verhandlung, also nach Aufruf der Sache, Kenntnis und somit zu einem Zeitpunkt, als ihr und übrigens auch dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin die 1,2-Terminsgebühr nach dem unverminderten Gegenstandswert angefallen war. Anders war dies im Fall des OLG Celle hier. Von der eine knappe Stunde vor der angesetzten Terminsstunde eingegangenen Teil-Klagerücknahme hatten sowohl die Prozessbevollmächtigte der Beklagten als auch die Mitglieder des Gerichts vor Aufruf der Sache Kenntnis.
Es gibt jedoch Fallgestaltungen, in denen dem Beklagten und/oder dem Gericht die (Teil-)Klagerücknahme nicht bekannt war, als die Sache im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgerufen wurde. Welche Auswirkungen dies auf die Terminsgebühr hat, wird nicht einheitlich beurteilt.
a) Unkenntnis des Beklagten
Hat der Kläger seine Klage bspw. einen Tag vor dem angesetzten Verhandlungstermin (si. den Fall des OLG Koblenz RVGreport 2006, 473 [Hansens] = AGS 2007, 105 m. Anm. Schons) oder auch nur wenige Minuten vor Aufruf der Sache per Telefax, per elektronischer Post über das beA oder durch Abgabe des Rücknahmeschriftsatzes in der Geschäftsstelle persönlich zurückgenommen, ist die Klagerücknahme mit Eingang bei Gericht wirksam geworden. Dies hat gem. § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO zur Folge, dass der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist.
Wird nunmehr die Sache im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgerufen, so fällt dem Prozessbevollmächtigten des Beklagen wegen der wirksamen Klagerücknahme auch dann die Terminsgebühr nicht nach dem Hauptsachewert an, wenn er von dieser Klagerücknahme keine Kenntnis gehabt hat (KG, a.a.O.; OLG Brandenburg RVGreport 2018, 472 [Hansens] = AGS 2018, 411; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 25. Aufl., 2021, Anhang VI Rn 334; gegenteiliger Auffassung sind etwa das OLG Köln AGS 2008, 28 m. Anm. N. Schneider – die Berufungsrücknahme war rund eine Stunde vor Beginn des Verhandlungstermins per Telefax eingegangen sowie das LG Saarbrücken RVGreport 2011, 425 [Ders.] = AGS 2011, 480). M.E. trifft die erste Auffassung zu. Denn wegen der Wirksamkeit der Klagerücknahme kann ein Aufruf der Sache im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht mehr zum Anfall der Terminsgebühr nach dem Hauptsachewert führen.
Geht es in einem solchen Fall in der mündlichen Verhandlung jedoch über die Kosten des Rechtsstreits, kann die Terminsgebühr nach dem Kostenwert anfallen (KG, a.a.O.).
b) Kenntnis des Beklagten
Hatte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hingegen Kenntnis von der zuvor erfolgten Klagerücknahme, so steht ihm für die Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung nach Aufruf der Sache erst recht keine Terminsgebühr nach dem Hauptsachewert zu.
c) Unkenntnis des Gerichts
Hatte das Gericht von der Klagerücknahme keine Kenntnis, als es die Sache im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgerufen hat, fällt gleichwohl keine Terminsgebühr nach dem Hauptsachewert an (s. KG RVGreport 2006, 149 [Hansens]: Dem Gericht lag der am Vorabend des Terminstages eingegangene Rücknahmeschriftsatz nicht vor; Hansens, RVGreport 2009, 184, 185 und 2011, 425, 426; a.A. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., Anhang VI Rn 332; OLG Köln AGS 2008, 28, das lediglich Notwendigkeitsgesichtspunkte anführt). Auch hier gilt, dass eine nicht mehr anhängige Klage nicht mehr Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein kann. Folglich kann auch ein in Unkenntnis der Klagerücknahme ergangenes Urteil nicht in materielle Rechtskaraft erwachsen.
d) Kenntnis des Gerichts
Dies gilt erst recht, wenn das Gericht i...