§ 177 Abs. 1 S. 2 InsO; §§ 33 66 GKG; Nr. 2340 GKG KV
Leitsatz
- Eine nachträgliche Forderungsprüfung nach § 177 InsO verursacht eine separate Gebühr nach Nr. 2340 GKG KV.
- Diese fällt auch an, wenn ein schriftliches Nachtragsverfahren nach § 177 Abs. 1 S. 2 InsO darauf beruht, dass der Insolvenzverwalter eine rechtzeitige Anmeldung eines Gläubigers nicht innerhalb der Frist in die Insolvenztabelle eingetragen hat.
- Kostenschuldner ist der betroffene Gläubiger.
OLG Dresden, Beschl. v. 24.1.2023 – 12 W 636/22
I. Sachverhalt
Eine Gläubigerin hatte in einem laufenden Insolvenzverfahren ihre Forderung rechtzeitig, d.h. innerhalb der vom Gericht bestimmten Anmeldefrist, angemeldet und an die Insolvenzverwalterin übersandt. Diese Anmeldung wurde jedoch aufgrund eines Kanzleiversehens der Insolvenzverwalterin nicht innerhalb der Frist in die Insolvenztabelle eingetragen. Die Insolvenzverwalterin unterrichtete das Insolvenzgericht erst im Schlussbericht über das Versehen und bat, der Gläubigerin keine Kosten für die nachträgliche Prüfung aufzuerlegen. Das Insolvenzgericht behandelte die Forderungsanmeldung als eine nachträgliche und ordnete für deren Prüfung gem. § 177 Abs. 1 S. 2 InsO das schriftliche Verfahren an. Mit Kostenansatz vom 15.3.2022 wurde der Gläubigerin für dieses schriftlich durchgeführte Verfahren der nachträglichen Forderungsprüfung eine Gerichtsgebühr i.H.v. 22,00 EUR nach Nr. 2340 GKG KV in Rechnung gestellt. Hiergegen hatte sich die Gläubigerin zunächst erfolgreich gewandt. Das Insolvenzgericht hat der Erinnerung stattgegeben und wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage dann aber gem. § 66 Abs. 2 S. 2 GKG die Beschwerde zugelassen. Die Staatskasse hat gegen diesen Beschluss dann ihrerseits Beschwerde eingelegt. Die Gebühr sei wegen der Durchführung des schriftlichen Prüfungsverfahrens angefallen; auf ein Verschulden der Gläubigerin komme es nicht an. Diese Beschwerde hat das LG dann im weiteren Verlauf als unbegründet zurückgewiesen. Die Gläubigerin sei nicht nach § 33 GKG zur Zahlung verpflichtet. Die Überschrift der Nr. 2340 GKG KV beziehe sich ausdrücklich auf § 177 InsO, dessen Voraussetzungen aber nicht vorlägen, da die Gläubigerin nicht säumig gewesen sei. Das LG hat seinerseits dann aber wiederum gem. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG die weitere Beschwerde zugelassen. Gegen diesen Beschluss hat die Staatskasse dann wiederum die weitere Beschwerde eingelegt. Ihrer Ansicht nach falle gem. Nr. 2340 GKG KV stets die Festgebühr i.H.v. 22,00 EUR an, wenn wegen einer oder mehrerer Insolvenzforderungen ein besonderer Prüfungstermin oder ein schriftliches Prüfungsverfahren durchgeführt werde, wobei die Gebühr für jeden Gläubiger, dessen Forderung zu prüfen sei, gesondert anfalle. Soweit in der Überschrift zu Nr. 2340 GKG KV die Vorschrift des § 177 InsO genannt werde, stelle dies keinen inhaltlichen Verweis auf diese Vorschrift dar, sondern lediglich eine Klarstellung, dass sich der Gebührentatbestand auf eine nachträgliche Prüfung von Forderungen i.S.d. Regel des § 177 InsO beziehe, ohne dass es darauf ankomme, ob sämtliche Voraussetzungen zur Anwendung dieser Vorschrift vorlägen. Die Gläubigerin hafte nach § 33 GKG i.V.m. § 177 InsO für diese Gebühr. Das LG hat den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und der weiteren Beschwerde anschließend nicht abgeholfen. Das OLG Dresden wiederum gab dann jedoch final der Staatskasse recht.
II. Weitere Beschwerde zulässig
Das OLG Dresden stellte zunächst einmal fest, dass über die weitere Beschwerde zu entscheiden war, nachdem das LG sie zugelassen habe. Damit sei sie statthaft.
III. Unstrittige Rechtslage im Normalfall – bei Verursachung der Kosten
Das OLG Dresden wies zunächst auf die unstreitige Rechtslage hin. Danach löse eine notwendige nachträgliche Forderungsprüfung im Insolvenzverfahren eine Gebühr nach Nr. 2340 GKG KV aus. Der Kostenschuldner ist dabei stets der verspätet anmeldende Gläubiger.
IV. Streitige Rechtslage – bei fehlender Kausalität für die nachträgliche Prüfung
Im Folgenden jedoch setzt sich das OLG Dresden mit der streitigen Frage auseinander, wie der Sachverhalt zu beurteilen ist, wenn zwar eine nachträgliche Forderungsprüfung notwendig werde, diese Notwendigkeit aber nicht auf einem Versäumnis des anmeldenden Gläubigers fußt, sondern dem Insolvenzverwalter anzulasten ist. Während einerseits vertreten werde, dass auch in einer solchen Konstellation der anmeldende Gläubiger trotz Unverschulden Kostenschuldner bleibe (so bspw. LG Krefeld, Beschl. v. 9.2.2017 – 7 T 156/16, NZI 2017, 367; Kayser/Thole/Depré, InsO, 10. Aufl., 2020, § 177 Rn 15), spricht sich die Lit. auch dafür aus, dass in einem solchen Ausnahmefall gerade kein Gebührenanfall auftrete (so bspw. BeckOK Insolvenzrecht/Zenker, 29. Ed., 15.10.2022, § 177 Rn 17). Dieser Ansicht folgend (vgl. Zenker, NZI 2017, 368) liege nämlich aus Sicht des anmeldenden Gläubigers kein Fall der Verspätung vor. Eine weitere Meinung stelle auf die Kausalität ab. Habe danach der Insolvenzverwalter eine nachträgliche Forderungsprüfung zu vertreten, so seien ihm die Kosten aufzuerlegen (so bspw. AG Leipzig, Beschl. v. 26.5.2008 – 406 IK 1219/07; Siebert, VIA 2017, 52; Harbeck, jurisP...