Leitsatz (amtlich)
Die Gebühr nach Ziffer 2340 GKG fällt auch an, wenn ein schriftliches Nachtragsverfahren nach § 177 Abs. 1 Satz 2 InsO darauf beruht, dass der Insolvenzverwalter eine rechtzeitige Anmeldung eines Gläubigers nicht innerhalb der Frist in die Insolvenztabelle eingetragen hat. Gebührenschuldner ist der anmeldende Gläubiger.
Verfahrensgang
AG Leipzig (Aktenzeichen 405 IK 462/20) |
LG Leipzig (Aktenzeichen 08 T 333/22) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Staatskasse werden der Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 30.09.2022, Az.: 8 T 333/22, sowie der Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 27.06.2022, Az.: 405 IK 462/20, aufgehoben und die Erinnerung der Gläubigerin gegen den Kostenansatz vom 15.03.2022 über 22,00 EUR zurückgewiesen.
Das Verfahren ist in allen Instanzen gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Staatskasse wendet sich mit der zugelassenen weiteren Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts Leipzig, mit dem dieses ihre Beschwerde gegen einen einer Erinnerung der Tabellengläubigerin stattgebenden Beschluss des Amtsgerichts zurückgewiesen hat. Das Amtsgericht hatte auf die Erinnerung den Kostenansatz hinsichtlich einer Gebühr nach Ziffer 2340 KV GKG in Höhe von 22,00 EUR aufgehoben.
Die Tabellengläubigerin (im Folgenden: Gläubigerin) hatte innerhalb der vom Insolvenzgericht durch Beschluss vom 19.03.2020 auf den 24.04.2020 festgesetzten Anmeldefrist am 23.04.2020 eine Forderung in Höhe von 432,51 EUR zur Insolvenztabelle über das Vermögen der Schuldnerin bei der Insolvenzverwalterin angemeldet. Diese Anmeldung wurde jedoch aufgrund eines Kanzleiversehens der Insolvenzverwalterin nicht innerhalb der Frist in die Insolvenztabelle eingetragen. Die Insolvenzverwalterin unterrichtete das Insolvenzgericht mit Schlussbericht vom 15.11.2021 über ihr Versehen und bat, der Gläubigerin keine Kosten für die nachträgliche Prüfung aufzuerlegen. Das Insolvenzgericht behandelte die Forderungsanmeldung als eine nachträgliche und ordnete mit Beschluss vom 09.02.2022 für deren Prüfung gemäß § 177 Abs. 1 Satz 2 InsO das schriftliche Verfahren an. Mit Kostenansatz vom 15.03.2022 wurde der Gläubigerin für dieses schriftlich durchgeführte Verfahren der nachträglichen Forderungsprüfung eine Gerichtsgebühr in Höhe von 22,00 EUR nach Ziffer 2340 KV GKG in Rechnung gestellt.
Mit am 01.06.2022 eingegangenem Schriftsatz hat sich die Gläubigerin gegen den Kostenansatz gewandt. Der Vertreter der Staatskasse ist der Erinnerung entgegengetreten. Das Insolvenzgericht hat der Erinnerung mit Beschluss vom 27.06.2022 stattgegeben und wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage gemäß § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG die Beschwerde zugelassen. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass der Gesetzeswortlaut des § 177 InsO ein Versäumnis voraussetze, was hier hinsichtlich der Gläubigerin nicht der Fall sei.
Die Staatskasse hat gegen diesen Beschluss mit Schriftsatz vom 01.07.2022 Beschwerde eingelegt. Die Gebühr sei wegen der Durchführung des schriftlichen Prüfungsverfahrens angefallen; auf ein Verschulden der Gläubigerin komme es nicht an. Diese Beschwerde hat das Landgericht - nach Übertragung der Sache auf die vollständig besetzte Kammer gemäß § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG - mit Beschluss vom 30.09.2022 als unbegründet zurückgewiesen. Die Gläubigerin sei nicht nach § 33 GKG zur Zahlung verpflichtet. Die Überschrift der Ziffer 2340 KV GKG beziehe sich ausdrücklich auf § 177 InsO, dessen Voraussetzungen aber nicht vorlägen, da die Gläubigerin nicht säumig gewesen sei. Soweit in Rechtsprechung und Literatur anderes vertreten werde, lasse dies den ausdrücklichen Wortlaut des § 177 Abs. 1 InsO außer Acht. Auch verstoße es gegen Art. 3 GG, wenn Gläubiger, die fristgerecht ihre Forderung anmeldeten, aufgrund von Umständen, die außerhalb ihrer Einflussmöglichkeiten liegen, schlechter behandelt würden als andere. Das Landgericht hat gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG die weitere Beschwerde zugelassen.
Gegen diesen Beschluss hat die Staatskasse mit Schriftsatz vom 13.10.2022 die weitere Beschwerde eingelegt. Ihrer Ansicht nach falle gemäß Ziffer 2340 KV GKG stets die Festgebühr in Höhe von 22,00 EUR an, wenn wegen einer oder mehrerer Insolvenzforderungen ein besonderer Prüfungstermin oder ein schriftliches Prüfungsverfahren durchgeführt werde, wobei die Gebühr für jeden Gläubiger, dessen Forderung zu prüfen sei, gesondert anfalle. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Soweit in der Überschrift zu Ziffer 2340 KV GKG die Vorschrift des § 177 InsO genannt werde, stelle dies keinen inhaltlichen Verweis auf diese Vorschrift dar, sondern lediglich eine Klarstellung, dass sich der Gebührentatbestand auf eine nachträgliche Prüfung von Forderungen im Sinne der Regel des § 177 InsO beziehe, ohne dass es darauf ankomme, ob sämtliche Voraussetzungen zur Anwendung dieser Vorschrift vorlägen. Die Gläubigerin hafte nach § 33 GKG i.V.m. § 177 InsO für diese Gebühr. Die Möglichkeit, dass eine nacht...