Die erstattungsfähige Gebühr innerhalb des Rahmens des Vergütungsverzeichnisses des RVG hänge von den in § 14 RVG aufgeführten Umständen ab. Die Angemessenheit der von dem Verteidiger bestimmten Gebühr werde im Kostenfestsetzungsverfahren überprüft (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., 2023, § 464b Rn 3). Der Rechtsanwalt dürfe zwar nicht ohne Abwägung der Bemessungskriterien stets die Mittelgebühr abrechnen. Denn die Mittelgebühr sei lediglich Ausgangspunkt der Ermessensausübung des Rechtsanwalts. Soweit eines der Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG von dem Durchschnitt abweiche, sei dies Anlass für den Rechtsanwalt, von der Mittelgebühr nach oben oder nach unten abzuweichen. Dem sei aber hier nicht so.
Dabei hat das LG berücksichtigt, dass es sich um eine Sache vor dem AG gehandelt hat. Dort sei der Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zwar leicht überdurchschnittlich bedeutsam, nicht jedoch im für die Mittelgebühr maßgeblichen Vergleich auch mit Verfahren vor dem OLG und LG. In Anbetracht der Umstände hat die Kammer die Ansetzung der Mittelgebühr gleichwohl gem. § 14 RVG als angemessen angesehen. Die Schwere der dem ehemaligen Angeklagten vorgeworfenen Delikte – Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung – begründe eine überdurchschnittliche Bedeutung des Falles. Die Komplexität, insbesondere die Klärung von Mobiltelefonnummern sowie die Bewertung einer Zeugenaussage haben einen erhöhten Arbeitsaufwand für den Verteidiger erfordert. In der Gesamtschau der dargelegten Gründe erweise sich die Mittelgebühr als sachgerecht und den Erfordernissen des Falles entsprechend.
Der von der Staatsanwaltschaft beantragte Freispruch stand dem nach Auffassung der Kammer nicht entgegen. Zwar sei das deutsche Strafverfahren nicht kontradiktorisch ausgestaltet, und die Staatsanwaltschaft als objektive Behörde gem. § 160 Abs. 2 StPO ermittle auch entlastende Umstände zugunsten der Beschuldigten. Ihren Antrag stellt die Staatsanwaltschaft indes erst am Ende des Verfahrens. Bereits deswegen sei ein erst zu diesem Zeitpunkt erkennbarer Anknüpfungspunkt ungeeignet, um eine angeblich geringere Komplexität des Verfahrens aus Verteidigersicht bis dahin rückwirkend zu rechtfertigen. Soweit auf den Schlussvortrag abzustellen sei, habe diesen ein gewissenhafter Strafverteidiger beim Schlussvortrag der Staatsanwaltschaft schon im Wesentlichen vorbereitet. Zudem entfalte auch ein übereinstimmender Antrag von Staatsanwaltschaft und Verteidigung keine Bindungswirkung für das Gericht, sodass ein gewissenhafter Strafverteidiger auch dann noch umfassend vortragen werde.