Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung. Terminsgebühr. nicht stattgefundener Termin. Kostengrundentscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Höhe der Terminsgebühr nach Nr 3106 VV RVG in sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren entstehen und ein Termin nicht stattfindet.
2. Bei der Bestimmung der Höhe der Terminsgebühr in Verfahren, in denen kein Termin stattfindet, sind die Bemessungskriterien des § 14 RVG auf das gesamte Verfahren zu beziehen.
3. Bei Beschlüssen nach § 197 Abs 2 SGG ist eine Kostengrundentscheidung zu treffen, da es sich um eine besondere Angelegenheit nach § 18 Nr 5 RVG handelt.
Gründe
Die Beteiligten streiten um die Höhe der geltend gemachten und von der Urkundsbeamtin festgesetzten Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG.
Die Urkundsbeamtin des Sozialgerichts hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie zur Entscheidung vorgelegt.
Die zulässige Erinnerung ist unbegründet, § 197 Sozialgerichtsgesetz.
Nach § 3 Abs. 1 RVG entstehen Betragsrahmengebühren in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des Sozialgerichtsgesetzes genannten Personen gehört.
Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist, § 14 Abs. 1 RVG.
Vorliegend erweist sich die geltend gemachte Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG als billig.
Nach Nr. 3106 VV RVG beträgt die Terminsgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren nach § 3 RVG entstehen, 20,00 bis 380,00 EUR (Mittelgebühr 200,00 EUR). Die Gebühr entsteht u. a. auch, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Über die Entstehung der Gebühr im Grunde herrscht zwischen den Beteiligten zu Recht Einigkeit. Zu Unrecht wendet sich der Erinnerungsführer jedoch gegen die Höhe der geltend gemachten Gebühr.
Anerkannter Ausgangspunkt für die Gebührenbestimmung ist die Mittelgebühr bei Berücksichtigung der Kriterien, die in § 14 RVG festgeschrieben sind. Danach sind zuvorderst der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, danach die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie letztlich ein besonderes Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Der Erinnerungsführer hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber eine gebührenrechtliche Gleichstellung von Verfahren, in denen tatsächlich ein Termin stattgefunden hat, mit solchen, die ohne Termin zur mündlichen Verhandlung enden, geschaffen hat. Dies gilt im Grundsatz zunächst für das Entstehen des Gebührenanspruches. Allerdings verkennt der Erinnerungsführer, dass die Terminsgebühr, die in Verfahren, in denen ein Termin tatsächlich nicht stattfindet, ihren Namen nicht verdient, da es sich insoweit um eine “fiktive„ Terminsgebühr handelt, hinsichtlich ihrer Höhe den Bemessungskriterien des § 14 RVG bezogen auf das gesamte Verfahren folgen muss. In Verfahren wie dem vorliegenden, in denen ein Termin nicht stattfindet, kann die Kammer bereits denklogisch die Bemessungskriterien des § 14 RVG nicht auf den Termin beziehen, denn dann würde die Terminsgebühr grundsätzlich nur in Höhe der Mindestgebühr entstehen. Einen anwaltlichen Aufwand für einen Termin, der nicht stattgefunden hat, kann es ebenso wenig geben wie die Bemessung eines Schwierigkeitsgrades für anwaltliche Tätigkeit. Noch deutlicher wird dies anhand der übrigen Bemessungskriterien, denn die Bedeutung eines Termins für den Mandanten, der nicht stattfand, ist ebenso untauglich für die Heranziehung zur Gebührenbestimmung wie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Für die Bestimmung der Gebührenhöhe muss daher das gesamte Verfahren betrachtet werden; erweist es sich unter Beachtung der Kriterien des § 14 RVG als durchschnittlich, ist auch die Terminsgebühr in durchschnittlicher Höhe festzusetzen (so auch Guhl, NZS 2005, 193 (195)).
Die Motivation des Gesetzgebers, überhaupt eine gebührenrechtliche Gleichstellung von Verfahren mit und ohne Termin zu schaffen, lag einerseits bei der Entlastung der Gerichtsbarkeit und andererseits in der grundsätzlichen Gleichbehandlung von Fällen, in denen eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist. Ausdrücklich sollen Bevollmächtigte nicht schlechter gestellt werden, die sich gegen eine bestimmte Entscheidungsart nicht wehren kö...