RVG VV Nr. 1003; ZPO § 621g; BGB § 1684

Leitsatz

Wenn in einer Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowohl ein Hauptsache- als auch ein einstweiliges Anordnungsverfahren rechtshängig sind und in der mündlichen Verhandlung eine endgültige Einigung erfolgt, fällt grundsätzlich nur im Hauptsacheverfahren eine Einigungsgebühr an.

OLG Hamm, Beschl. v. 25.9.2008 – II 6 WF 289/08

1 Sachverhalt

Die Beteiligte zu 1) ist dem Antragsteller für dessen Anträge auf Erlass einer Umgangsregelung sowohl im Hauptsacheverfahren als auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden.

Das Hauptsacheverfahren ist unter Mitwirkung der Beteiligten zu 1) am 2.6.2008 durch einen "Vergleich" beendet worden, dessen Ziffern 3. und 4. wie folgt lauten:

„3.  Damit ist dieses Verfahren einschließlich des Verfahrens betreffend den Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt.

4.  Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.“

Die Beteiligte zu 1) meint nunmehr, dass auch im einstweiligen Anordnungsverfahren eine ihr aus der Landeskasse zu zahlende Einigungsgebühr gem. Nr. 1003 VV aus einem Gegenstandswert von 3.000,00 EUR in Höhe von 189,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer angefallen sei.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des AG hat eine entsprechende Vergütungsfestsetzung abgelehnt. Der Richter des AG hat die dagegen gerichtete Erinnerung der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer Beschwerde, allerdings ohne Erfolg.“

2 Aus den Gründen

Die Beteiligte zu 1) hat für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Anspruch auf eine Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV.

Der Senat folgt der Auffassung von Müller-Rabe (in Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., Anhang II Rn 27), wonach dann, wenn in einer Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowohl ein Hauptsache- als auch ein einstweiliges Anordnungsverfahren rechtshängig sind und in der mündlichen Verhandlung eine endgültige Einigung erfolgt, grundsätzlich nur im Hauptsacheverfahren eine Einigungsgebühr anfällt. Für diese Auffassung spricht entscheidend, dass ein einstweiliges Anordnungsverfahren durch das Wirksamwerden einer endgültigen Regelung "automatisch" beendet wird; eine bereits ergangene einstweilige Anordnung tritt auch ohne dahingehende ausdrückliche Regelung außer Kraft, §§ 621 g S. 2, 620 f Abs. 1 ZPO. Eine Kostenentscheidung für das einstweilige Anordnungsverfahren ist nicht erforderlich, §§ 621 g S. 2, 620 g ZPO.

Der "Vergleich" vom 2.6.2008 enthält bezüglich des einstweiligen Anordnungsverfahrens keine über die dargestellte Rechtslage hinausgehenden Vereinbarungen. Die unter den Nrn. 3. und 4. getroffenen Regelungen haben insoweit vielmehr nur deklaratorische Bedeutung.

Die von Müller-Rabe (a.a.O.) für die – von ihm selbst nicht vertretene – Gegenmeinung zitierten Entscheidungen der OLG Hamburg (JurBüro 1991, 1065) und Düsseldorf (JurBüro 2005, 310) rechtfertigen keine andere Beurteilung, da sie abweichende Sachverhalte zum Gegenstand hatten. Die Entscheidung des OLG Hamburg bezieht sich auf die Beendigung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, für das die Vorschriften der §§ 620 f, 620g, 621 g ZPO nicht gelten, durch einen im Hauptsacheverfahren abgeschlossenen Vergleich. Im Fall des OLG Düsseldorf war eine Kostenregelung getroffen worden, die nach Auffassung des OLG die Kosten des einstweiligen Anordnungsverfahrens abweichend vom Gesetz regelte. Eine solche Kostenregelung liegt hier nicht vor.

3 Anmerkung

Anders ist der Fall, wenn im einstweiligen Verfügungsverfahren die Hauptsache mit verglichen wird. Dann entstehen die Gebühren im einstweiligen Anordnungsverfahren aus dem Gesamtwert von einstweiliger Anordnung und Hauptsache.

Norbert Schneider

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