RVG VV Abs. 1 S. 1 zu Nr. 3104
Leitsatz
Eine Terminsgebühr gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV kommt in Sorgerechtsverfahren ohne mündliche Verhandlung nicht in Betracht.
OLG Oldenburg, Beschl. v. 31.3.2009 – 13 WF 63/09
1 Sachverhalt
In dem abgeschlossenen Hauptsacheverfahren beantragte die Antragstellerin, das alleinige Sorgerecht für die beiden aus der Ehe mit dem Antragsgegner stammenden gemeinsamen Kinder auf sie zu übertragen. Der Antragsgegner stimmte einer entsprechenden Regelung zu. Im Einverständnis mit beiden Parteien übertrug das AG sodann im schriftlichen Verfahren die elterliche Sorge für die Kinder auf die Antragstellerin.
Die Antragsgegnervertreter beantragten darauf hin die Festsetzung ihrer Kosten als beigeordnete Rechtsanwälte einschließlich einer Terminsgebühr. Der Kostenbeamte lehnte die Festsetzung der Terminsgebühr ab. Die hiergegen gerichtete Erinnerung wurde durch den angefochtenen Beschluss des AG zurückgewiesen. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Eine Terminsgebühr ist zu Recht nicht festgesetzt worden. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden. Die Festsetzung einer Terminsgebühr kommt deshalb nur gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV in Betracht. Dies setzt voraus, dass das Sorgerechtsverfahren unter die in dieser Vorschrift genannten Verfahren fällt, für die die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist.
Der Senat sieht ein Sorgerechtsverfahren nicht als ein von dem Wortlaut der Anm. Abs. 1 Nr. 1 Nr. zu 3104 VV erfasstes Verfahren an. Eine mündliche Verhandlung ist gerade nicht vorgeschrieben, sondern nur eine persönliche, also mündlich erfolgende Anhörung der Eltern des Kindes gem. § 50a Abs. 1 S. 2 FGG. Sie kann im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erfolgen, muss es aber nicht. Schon dem Wortlaut nach ist die Anhörung selbst keine "mündliche Verhandlung". Letztere zeichnet sich dadurch aus, dass eine Erörterung stattfindet und Anträge gestellt werden. Dagegen dient die Anhörung vornehmlich der Sachverhaltsaufklärung im Rahmen des § 12 FGG und der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks.
Für eine über den Wortlaut hinausgehende weite Auslegung der Anm. Abs. 1 Nr. 1 Nr. zu 3104 VV besteht kein Anlass. Denn es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die Verfahren im FGG, auf die sich die Regelungen im Teil 3 VV erstrecken, an dieser Stelle übersehen und deshalb nicht in die Ausnahmevorschrift des Anm. Abs. 1 Nr. 1 Nr. zu 3104 VV nicht aufgenommen hat (ebenso OLG Düsseldorf NJW-Spezial 2009, 156; OLG Koblenz FamRZ 2008, 1971 [= AGS 2008, 339]; OLG Stuttgart FamRZ 2007, 233, 234; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Nr. 3104 VV, Rn 29 und 30; a.A. OLG Schleswig OLGR 2007, 475). Soweit der BGH für ein Verfahren in Wohnungseigentumssachen nach altem Recht anders entschieden hat (BGH NJW 2006, 2495), ist der Sachverhalt nicht vergleichbar, weil in diesen Verfahren grundsätzlich eine mündliche Verhandlung stattfindet (§ 44 WEG a.F.). Auf diesen Unterschied zu anderen Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit hat der BGH in seiner Entscheidung auch ausdrücklich hingewiesen.
Mitgeteilt von RiOLG Dr. Bettina Brückner, Oldenburg