ZPO §§ 91, 104, 380; JVEG § 19
Leitsatz
- Werden einem Zeugen die durch sein Ausbleiben in einem Termin entstandenen Kosten auferlegt, gehören hierzu alle Kosten, welche durch die Anberaumung eines neuen Beweisaufnahmetermins entstehen. Hierzu zählen insbesondere die Reisekosten der Partei sowie ihres Prozessbevollmächtigten, eine Entschädigung für Zeitversäumnis der Partei, das Tage- und Abwesenheitsgeld gem. Nr. 7005 VV, nicht aber gesondert Verdienstausfall für den Prozessbevollmächtigten.
- Die Notwendigkeit der Terminswahrnehmung ist nicht nur dann gegeben, wenn das Gericht das persönliche Erscheinen der Partei angeordnet hat. Von einer Notwendigkeit i.S.d. § 91 ZPO ist vielmehr auch dann auszugehen, wenn die Wahrnehmung des Termins durch eine Partei aus sonstigen Gründen sachdienlich ist, was regelmäßig bei der Teilnahme an Beweisaufnahmeterminen zu bejahen ist.
- Das Beschwerdegericht ist an einer geänderten Festsetzung, die einzelne festsetzungsfähige Positionen austauscht, nicht gehindert, weil das Verschlechterungsverbot nur in Bezug auf den festgesetzten Betrag, nicht aber in Bezug auf die einzelnen ihm zugrunde liegenden Positionen gilt.
OLG Celle, Beschl. v. 11.12.2008 – 2 W 271/08
1 Sachverhalt
Mit Beschluss des LG wurde gegen den Zeugen und Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld verhängt und ihm die durch sein Ausbleiben im Termin vom 2.8.2007 entstandenen Kosten auferlegt. Auf der Grundlage dieses Beschlusses beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung eigener Reisekosten in Höhe von 15,60 EUR sowie Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.437,50 EUR als Zeitaufwand. Darüber hinaus wurde die Festsetzung von Fahrtkosten des Klägers mit dem eigenen Pkw in Höhe von insgesamt 492,00 EUR sowie Festsetzung eines Zeitaufwandes in Höhe von 720,00 EUR beantragt. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Rechtspfleger des LG die von dem Zeugen an den Kläger zu erstattenden Kosten auf einen Betrag in Höhe von 493,10 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Zur Begründung hat der Rechtspfleger ausgeführt, dass die Reisekosten des Anwalts 237,60 EUR betragen würden. Zusätzlich seien 60,00 EUR Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 VV sowie ein Verdienstausfall nach § 22 JVEG mit einer Höchstgrenze von je 17,00 EUR pro Stunde festsetzungsfähig. Bei einem Verdienstausfall von 11,5 Stunden ergebe sich mithin ein Betrag in Höhe von 195,50 EUR und somit festsetzungsfähige Kosten des Anwalts in Höhe von insgesamt 493,10 EUR. Die Kosten des Klägers seien hingegen nicht festsetzungsfähig, weil Reisekosten zur Teilnahme an einem Verhandlungstermin auch bei anwaltlicher Vertretung grundsätzlich nicht erstattungsfähig seien. Ebenso wenig sei die Zeitversäumnis der Partei erstattungsfähig. Gegen diesen Beschluss hat der Zeuge sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass durch sein Ausbleiben im Termin am 2.8.2007 dem Prozessbevollmächtigten des Klägers keine Kosten entstanden seien, weil in dem Termin auch andere Zeugen angehört worden seien und mithin dieser Termin ohnehin mit Beweisaufnahme stattgefunden hätte. Außerdem sei der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif gewesen.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Ohne Erfolg macht der Zeuge geltend, dass die in Ansatz gebrachten Kosten nicht festsetzungsfähig seien, weil im Termin am 2.8.2007 andere Zeugen vernommen worden seien. Wenn einem Zeugen die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden, ist er zur Erstattung all derjenigen Kosten eines Verfahrensbeteiligten verpflichtet, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (vgl. BGH NJW-RR 2005, 725 ff.). Der anwaltlich beratene Zeuge verkennt insoweit, dass ihm nur diejenigen Kosten auferlegt worden sind, die durch sein Ausbleiben im Termin am 2.8.2007 entstanden sind. Dazu gehören nämlich die Kosten, die dadurch notwendig wurden, dass ein neuer Termin zur Vernehmung des Zeugen anberaumt werden musste. Zu den festsetzbaren Kosten zählen daher insbesondere die durch einen neuen Gerichtstermin bedingten Reisekosten einer Partei (vgl. Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl., § 380 Rn 3).
2. Der Kostenfestsetzungsbeschluss weist aber andere schwere inhaltliche Mängel auf.
a) Zu Unrecht hat der Rechtspfleger des LG zugunsten des Klägers auf der Grundlage von § 22 JVEG einen Betrag in Höhe von 195,50 EUR als Verdienstausfall (des Prozessbevollmächtigten des Klägers) festgesetzt. Der Rechtspfleger hat verkannt, dass es für die Festsetzung eines Verdienstausfalls für den Rechtsanwalt des Klägers an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. § 22 JVEG enthält eine Regelung, die ausschließlich Zeugen betrifft und gem. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO in entsprechender Anwendung nur auf den Gegner – das ist die gegnerische Partei (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 91 Rn 26) – Anwendung findet. Eine Anwendung dieser Vorschrift auf ei...