Den insgesamt acht durchgeführten Klageverfahren lagen aufgrund der durch den jeweiligen Erschließungsbeitragsbescheid begründeten Rechtsbeziehung zur Beklagten mehrere Gegenstände zugrunde. Mehrere Gegenstände können mehrere Angelegenheiten oder dieselbe Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG und § 22 Abs. 1 RVG bilden. Nach § 15 Abs. 2 S. 1 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Gem. § 22 Abs. 1 RVG werden in derselben Angelegenheit die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet. Ob mehrere Gegenstände dieselbe oder mehrere Angelegenheiten darstellen, ist jeweils von den gesamten Umständen des konkreten Einzelfalls abhängig (BVerwG, Urt. v. 9.5.2000–11 C 1/99, NJW 2000, 2289 = DVBl 2000, 1462 = Buchholz 362 § 7 BRAGO Nr. 1; Nds. OVG, Beschl. v. 27.9.2006–2 OA 915/06, NJW 2007, 395). Die Durchführung mehrerer selbständiger Klageverfahren steht der Annahme derselben Angelegenheit meistens entgegen, weil angenommen wird, dass kein innerer Zusammenhang zwischen den Verfahrensgegenständen besteht und der Rechtsanwalt wegen der unterschiedlichen materiell-rechtlichen und prozessualen Voraussetzungen und Anforderungen an einer einheitlichen Vorgehensweise gehindert ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.5.2000–11 C 1/99, a.a.O.; Nds. OVG, Beschl. v. 27.9.2006–2 OA 915/06, a.a.O.). Allerdings ist nicht ausnahmslos von der Identität von Verfahren und Angelegenheit in der Weise auszugehen, dass mehrere Verfahren zwingend mehrere Angelegenheiten darstellen (BVerwG, Urt. v. 9.5.2000–11 C 1/99, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 12.7.2005–15 E 424/05, NVwZ-RR 2006, 437). Letztlich ausschlaggebend für das Vorliegen derselben Angelegenheit ist immer, ob die mehreren Gegenstände von einem einheitlichen Auftrag umfasst werden, zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und der Rechtsanwalt einen einheitlichen Tätigkeitsrahmen wahrt (BVerwG, Urt. v. 9.5.2000–11 C 1/99, a.a.O.; Nds. OVG, Beschl. v. 27.9.2006–2 OA 915/06, a.a.O.; Nordrhein-Westfälisches OVG, Beschl. v. 27.3.2001–10 E 84/01, BauR 2001, 1402; Hartmann, KostG, 37. Aufl. 2007, § 15 RVG Rn 14 ff.; Gerold/Schmidt/Madert, 18. Aufl., 2008, § 15 RVG Rn 7, 8, 9).

Der Senat neigt zwar dazu, einen einheitlichen Auftrag und Tätigkeitsrahmen sowie einen inneren Zusammenhang zwischen den Verfahren 1 A 104/07, 1 A 106/07, 1 A 113/07, 1 A 114/07, 1 A 115/07 und 1 A 116/07 zu bejahen. Denn nach Eingang bei der Beklagten wurden die Klageschriften in den genannten Verfahren dem Prozessbevollmächtigten – wie vorher mit ihm vereinbart – gesammelt, mithin gleichzeitig zur Bearbeitung überreicht. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten das Mandat hinsichtlich der von der Beklagten gesammelten Klageschriften nicht einzeln und individuell bezogen auf das jeweilige Klageverfahren erteilt worden ist. Den einheitlichen Tätigkeitsrahmen hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dadurch gewahrt, dass er in allen aufgeführten Verfahren unter dem gleichen Datum inhaltlich gleich lautende Schriftsätze vorgelegt hat. In keinem dieser Verfahren sind individuelle oder prozessuale Besonderheiten jeweils gesondert behandelt worden. Der innere Zusammenhang wird dadurch begründet, dass alle Erschließungsbeitragsbescheide aus einem gemeinsamen Anlass, nämlich der erstmaligen Herstellung eines abrechnungsfähigen Abschnitts der Erschließungsanlage C., unter demselben Datum erlassen wurden.

Unter den hier gegebenen Umständen kann indes dahingestellt bleiben, ob vorliegend die Voraussetzungen für die Annahme, es liege dieselbe Angelegenheit i.S.v. §§ 15 Abs. 2 S. 1, 22 Abs. 1 RVG vor, letztlich erfüllt sind. Denn nach der Rspr. des BVerfG (Beschl. v. 19.12.2001–1 BvR 814/01, NVwZ-RR 2002, 389) können diese Vorschriften aufgrund des aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) folgenden Willkürverbots jedenfalls dann nicht isoliert auf die Anwaltsgebühren angewendet werden, wenn der in ihnen zum Ausdruck kommende Gedanke bei der Festsetzung der Gerichtsgebühren für dieselben Personen nicht herangezogen worden ist. So liegt der Fall hier: Das VG hat für die Bemessung der Gerichtsgebühren die Regelung in § 39 Abs. 1 GKG, wonach in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet werden, nicht angewendet. Es hat für jedes Klageverfahren – was nach dem GKG nicht zu beanstanden ist – einen selbständigen Streitwert angenommen, danach jeweils die Gerichtsgebühren berechnet und von den Klägern die entsprechende Zahlung verlangt. Bei einer solchen Vorgehensweise fehlt es aber an einem einleuchtenden Grund dafür und ist es daher mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, bei der Festsetzung der Anwaltsgebühren abweichend vorzugehen. Genau dem soll § 32 RVG (früher § 9 BRAGO) entgegenwirken. Hier einschlägige Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Gesetz nicht vorgesehen. Ein Gericht, das durch Auslegung eine hiervon abweichende Diff...

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