Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. "eine Angelegenheit" im Sinne des Vergütungsrechts. mehrere Auftraggeber. Erhöhung der Verfahrensgebühr

 

Orientierungssatz

1. Stellen die vom Prozessbevollmächtigten eingeleiteten (vier) Hauptsacheverfahren "dieselbe Angelegenheit" iS von § 15 Abs 2 S 1 RVG dar, so kann der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal fordern.

2. Hat ein Rechtsanwalt mehrere Auftraggeber, so ist die Verfahrensgebühr nach Nr 3100 RVG-VV um 0,9 nach Nr 1008 RVG-VV zu erhöhen.

 

Tenor

Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 18.12.2008 (S 89 KR 1846/07) wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten für insgesamt vier Hauptsacheverfahren, die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind.

Mit (vier) Haftungsbescheiden vom 25.07.2006 ging die Erinnerungsgegnerin im Wege der Erbenhaftung gegen die vier Erben (die späteren Kläger) einer GbR-Gesellschafterin wegen Beitragsschulden u. a. zur Sozialversicherung gesamtschuldnerisch vor. Die Schuldsumme war mit 26.360,19 Euro beziffert. Gegen die Haftungsbescheide legten alle vier Kläger, vertreten durch den prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt, Widersprüche ein, die ausweislich der vier Widerspruchsbescheide vom 22.05.2007 keinen Erfolg hatten.

Gegen die Widerspruchsbescheide erhoben alle vier Kläger Klage zum Sozialgericht Berlin, jeweils vertreten durch den prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt. Das Gericht registrierte die Klagen unten den Aktenzeichen S 89 KR 1844/07, S 89 KR 1846/07, S 84 KR 1849/07 und S 86 KR 1862/07. Die Klagen sind jeweils wortgleich bis auf die Beteiligtenkennzeichnung erhoben worden und enthalten identische Anlagen.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten im Verfahren S 89 KR 1846/07 hat die Vorsitzende die vier o. g. Hauptsacheverfahren durch Beschluss zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die Rechtsstreite endeten durch Vergleichsschluss. Der Streitwert wurde rechtskräftig auf den Betrag von 26.360,19 EUR festgesetzt. In dem Vergleich wurde eine Kostentragung zulasten der Erinnerungsgegnerin von 4/5 hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten vereinbart.

Mit Kostenfestsetzungsanträgen vom 21.09.2007 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Festsetzung der außergerichtlichen Kosten wie folgt:

im Verfahren S 89 KR 1846/07 brutto 3.180,87 € (berechnet aus einem Gegenstandswert von 26.360,19 € unter Liquidation von 1,3 Verfahrensgebühr, 1,2 Terminsgebühr, 1,0 Einigungsgebühr zzgl. Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG und Umsatzsteuer),

im Verfahren S 89 KR 1844/07 brutto 2.098,45 € (berechnet aus einem Gegenstandswert von 26.360,19 € unter Liquidation von 1,3 Verfahrensgebühr, 1,0 Einigungsgebühr zzgl. Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG und Umsatzsteuer),

im Verfahren S 86 KR 1862/07 brutto 2.098,45 € (berechnet aus einem Gegenstandswert von 26.360,19 € unter Liquidation von 1,3 Verfahrensgebühr, 1,0 Einigungsgebühr zzgl. Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG und Umsatzsteuer),

im Verfahren S 84 KR 1849/07 brutto 2.098,45 € (berechnet aus einem Gegenstandswert von 26.360,19 € unter Liquidation von 1,3 Verfahrensgebühr, 1,0 Einigungsgebühr zzgl. Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG und Umsatzsteuer).

Mit Schriftsatz vom 25.02.2008 “korrigierte„ der Prozessbevollmächtigte den Kostenfestsetzungsantrag vom 21.09.2007 dahingehend, dass nunmehr die Kostenfestsetzung wie folgt begehrt wurde:

Bruttobetrag 4.765,00 €, berechnet aus 1,3 Verfahrensgebühr zzgl. Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG und Umsatzsteuer bezogen auf einen Gegenstandswert von 26.360,19 € sowie 1,2 Terminsgebühr und 1,0 Einigungsgebühr nebst Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG und Umsatzsteuer bezogen auf einen Gegenstandswert von 105.440,76 € (4x26.360,19 €).

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.12.2008 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Betrag der zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 3.792,96 € fest. Dabei berücksichtigte sie 1,3 Verfahrensgebühr bezogen auf einen Gegenstandswert von 26.360,19 € und bezogen auf einen Gegenstandswert von 105.440,76 € 1,2 Terminsgebühr, 1,0 Einigungsgebühr sowie die Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG zzgl. Umsatzsteuer (Gesamtbetrag 4.741,20 €), hiervon 4/5 = 3.792,96 €.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 14.01.2009 erhobene “Beschwerde„, mit der der Prozessbevollmächtigte der Kläger rügt, dass dem Anwalt im Falle der Verfahrensverbindung ein Wahlrecht zustünde dahingehend, dass er zwischen der Einzelliquidation und der Gesamtliquidation bei Verfahrensverbindung wählen könne. Er beantragt nunmehr unter Korrektur früherer Kostenfestsetzungsanträge, den Betrag der zu erstattenden Kosten insgesamt auf 10.178,78 € festzusetzen (1,3 Verfahrensgebühr, 1,2 Terminsgebühr, 1,0 Einigungsgebühr, Auslagenpauschale nach...

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