Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
RVG § 13 Abs. 1; RVG VV Vorbem. 6.2, Nrn. 6200 ff.
Leitsatz
- Die gesamte Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten im Disziplinarverfahren wird durch die Gebühren nach Nr. 6200 ff. VV abgegolten.
- Zum Disziplinarverfahren gehört auch das gegen eine vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 BDG gerichtete gerichtliche Verfahren nach § 63 Abs. 1 BDG.
BVerwG, Beschl. v. 11.11.2009–2 AV 4/09
Sachverhalt
Der beschließende Senat hatte die vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers und die Einbehaltung seiner Bezüge in Höhe von 50 Prozent ausgesetzt und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat daraufhin beantragt, den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit auf 19.529,25 EUR festzusetzen.
Aus den Gründen
Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Für den Gebührenanspruch des Prozessbevollmächtigten gegenüber der zur Kostentragung verpflichteten Antragsgegnerin bedarf es der Festsetzung eines Gegenstandswertes nicht. Der Gebührenanspruch ist in dieser Sache nicht i.S.d. § 13 Abs. 1 RVG von der Höhe des Gegenstandswertes abhängig, sondern ergibt sich unmittelbar aus § 2 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. Teil 6 Abschnitt 2, Vorbem. 6.2 VV. Danach wird durch die Gebühren Nr. 6200 ff. VV die gesamte Tätigkeit im Disziplinarverfahren abgegolten.
Zum Disziplinarverfahren gehört auch das gegen eine vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 BDG gerichtete gerichtliche Verfahren nach § 63 Abs. 1 BDG. Dass das gerichtliche Disziplinarverfahren das Verfahren auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Bezügen umfasst, folgt aus dessen Regelung im Teil 4 des BDG. Der Hinweis des Prozessbevollmächtigten, dass das Verfahren nach § 63 Abs. 1 BDG und das Disziplinarverfahren verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 17 RVG seien, mag zutreffen, eröffnet jedoch nicht den Zugang zu einer Wertberechnung nach § 13 RVG. Vielmehr verbleibt es auch in diesem Falle bei der Anwendung der für das Disziplinarverfahren geltenden Sondervorschriften des 6. Teils des VV.
Hierfür spricht auch die Überlegung, dass die in ihren Auswirkungen für den betroffenen Beamten weitaus weniger gravierende Maßnahme nach § 38 Abs. 1 BDG wertmäßig nicht höher veranschlagt werden kann als etwa die Entfernung aus dem Dienst, die Kürzung der Dienstbezüge oder die Zurückstufung in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt, für die zweifelsfrei die Sondervorschriften der Anlage 1 gelten.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auch das Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 BDG, das gemäß § 85 Abs. 11 BDG allerdings erst für gerichtliche Verfahren anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2009 anhängig werden, für das Verfahren über den Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Bezügen lediglich einen Gebührensatz von 180,00 EUR vorsieht (Gebührentatbestand Nr. 40).
Anmerkung
Der Rechtsanwalt erhält für seine Tätigkeit im außergerichtlichen und im gerichtlichen Disziplinarverfahren nach dem Bundesdisziplinargesetz (BDG) keine Gebühren nach Teil 2 und 3 VV. Das ergibt sich aus Vorbem. 2 Abs. 3 und Vorbem. 6 Abs. 7 VV. Einer Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren bedarf es daher nicht, weil in den hier anzuwendenden Nrn. 6200 ff. VV Betragsrahmengebühren anfallen, die nach § 14 Abs. 1 RVG zu bemessen sind. Nur die Vertretung gegenüber der Aufsichtsbehörde außerhalb eines Disziplinarverfahrens wird gem. Vorbem. 6.2 Abs. 2 VV nach Teil 2 VV abgerechnet.
Aus der Entscheidung des BVerwG geht nicht hervor, welche Gebühren in dem entschiedenen Fall konkret abzurechnen sind. Es ist zunächst allgemein festzuhalten, dass die Gebührenstruktur im Disziplinarverfahren in Teil 6 Abschnitt 2 VV der Gebührenstruktur für Strafsachen in Teil 4 VV entspricht. Neben den allgemeinen Gebühren der Nr. 6200 und Nr. 6201 VV (Grund- und Terminsgebühr) erhält der Rechtsanwalt im außergerichtlichen bzw. behördlichen Disziplinarverfahren die Verfahrensgebühr Nr. 6202 VV und im gerichtlichen Disziplinarverfahren die Gebühren nach Nrn. 6203 ff. VV. Die in Nr. 6202 VV geregelte Verfahrensgebühr gilt das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl. Vorbem. 6 Abs. 2 VV) im außergerichtlichen und im behördlichen Disziplinarverfahren ab, das in Teil 3 des BDG geregelt ist. Von den in Nrn. 6203 ff. VV geregelten Verfahrens- und Terminsgebühren wird die Tätigkeit in allen Rechtszügen des gerichtlichen Disziplinarverfahrens abgegolten (vgl. Teil 4 BDG).
Nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 6202 VV endet das mit der Verfahrensgebühr Nr. 6202 VV abgegoltene behördliche Disziplinarverfahren mit dem Eingang des Antrags oder der Anschuldigungsschrift bei Gericht. Mit dem Eingang der Anschuldigungsschrift ist z.B. der Eingang der Disziplinarklage (vgl. § 34 BDG) oder der Klage des Beamten gegen den Widerspruchsbescheid gemeint. Unter die in Abs. 2 der Anm. zu Nr. 6202 VV erwähnten Anträge fällt auch der der vorliegenden Entscheidung des BVerwG zugrunde liegende Antrag des Be...