VV RVG Nr. 3202, Vorbem. 3 Abs. 3;FGO § 155;ZPO § 103 Abs. 2 S. 2, S. 1

Leitsatz

  1. Nur Besprechungen unter Beteiligung eines in dem konkreten Fall entscheidungsbefugten Vertreters des zuständigen Finanzamts können die Terminsgebühr auslösen. Das ist entweder der Vorsteher bzw. Amtsleiter oder der zuständige Sachgebietsleiter der Rechtsbehelfsstelle. Isolierte Besprechungen mit anderen Bediensteten des Finanzamts ohne Beteiligung des entscheidungsbefugten Amtsträgers lösen die Terminsgebühr nicht aus.
  2. Ist ein vom Finanzamt geäußerter Erledigungsvorschlag mit dem zuständigen Sachgebietsleiter abgesprochen (hier: ersichtlich aus einem im Entwurf angebrachten Sichtvermerk des Sachgebietsleiters), ist ein Gespräch mit dem Sachbearbeiter über die Einzelheiten des Erledigungsvorschlags nicht anders zu behandeln, als wenn das Gespräch mit dem Sachgebietsleiter als dem entscheidungsbefugten Amtsträger unmittelbar stattgefunden hätte.
  3. Die Erledigungsgebühr im erstinstanzlichen finanzgerichtlichen Verfahren ist nach Nr. 1002 i.V.m. 1003 VV mit dem Faktor 1,0 zu bemessen. Eine entsprechende Anwendung der Nr. 1004 VV, die für Berufungsverfahren und Revisionsverfahren eine 1,3-Erledigungsgebühr vorsieht, kommt nicht in Betracht.

FG München, Beschl. v. 14.12.2010 – 4 E 1512/10

1 Sachverhalt

Das Verfahren (Untätigkeitsklage) wurde aufgrund einer Einigung der Beteiligten im Einspruchsverfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärungen außergerichtlich beigelegt. Die Kosten des Verfahrens wurden der Erinnerungsführerin und dem Erinnerungsgegner (dem Finanzamt) zu je einhalb auferlegt. Der Streitwert (und Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten) wurde auf 2.023,00 EUR festgesetzt.

Hiernach beantragte die Erinnerungsführerin für das gerichtliche Verfahren u.a. eine 1,2-Terminsgebühr und eine 1,3-Erledigungsgebühr festzusetzen.

Das Finanzamt hielt die Voraussetzungen für die Festsetzung der Terminsgebühr nicht für gegeben, weil keine Besprechung mit dem im konkreten Fall entscheidungsbefugten Beklagtenvertreter erfolgt sei. Auch eine Erledigungsgebühr sei nicht anzusetzen.

Demgegenüber wies der Bevollmächtigte der Erinnerungsführerin darauf hin, er habe am 10.11.2009 mit der Beklagtenvertreterin Frau S. ein Telefonat geführt, in dem es insbesondere um die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie um die Opfergrenze und deren konkrete Höhe gegangen sei. Für ihn sei nicht erkennbar gewesen, wer auf Seiten des Finanzamts entscheidungsbefugt sei. Dem Schreiben beigefügt ist ein Schreiben des Bevollmächtigten vom 10.11.2009 an das Finanzamt, in dem er sich unter Bezugnahme auf das mit Frau S. geführtem Telefonat mit deren Erledigungsvorschlag einverstanden erklärt.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die der Erinnerungsführerin gemäß § 149 FGO zu erstattenden Aufwendungen auf einen Betrag von insgesamt 260,97 EUR fest. Dabei berücksichtigte er eine 1,0-Erledigungsgebühr nach Nr. 1003 VV. Den Ansatz der geltend gemachten Terminsgebühr lehnte er ab, weil es sich bei Frau S. um die Sachbearbeiterin der Rechtsbehelfsstelle und damit nicht um die entscheidungsbefugte Amtsträgerin gehandelt habe.

Dagegen legte die Erinnerungsführerin Erinnerung ein, mit der sie ihr Begehren auf Festsetzung der Terminsgebühr und auf Festsetzung einer 1,3-Erledigungsgebühr nach Nr. 1004 VV weiterverfolgt.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Die Erinnerung hat teilweise Erfolg.

2 Aus den Gründen

1. Die Prüfung der Kostenfestsetzung durch den Urkundsbeamten (soweit nicht Gegenstand des Erinnerungsverfahrens) führt zu keiner Beanstandung durch das Gericht. Insofern wird auf den Kostenfestsetzungsbeschluss Bezug genommen.

2. Hinsichtlich der Terminsgebühr ist die Erinnerung begründet.

a) Die Voraussetzungen für die Entstehung der Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV ergeben sich aus Vorbem. 3 Abs. 3 VV. Danach entsteht die Terminsgebühr u.a. durch die Mitwirkung des Bevollmächtigten an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen (auch) ohne Beteiligung des Gerichts; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber. Diese Voraussetzungen sind nach § 155 FGO i.V.m. §§ 103 Abs. 2 S. 2, 104 Abs. 2 S. 1 ZPO mit dem Kostenfestsetzungsantrag glaubhaft zu machen. Ähnlich wie im Verfahren über den einstweiligen Rechtsschutz wird dem Kostengläubiger im Kostenfestsetzungsverfahren also die Darlegungslast und die Pflicht zur Glaubhaftmachung auferlegt.

b) Zwar hält das Gericht an der von ihm regelmäßig vertretenen Auffassung fest, dass nur Besprechungen unter Beteiligung eines in dem konkreten Fall entscheidungsbefugten Vertreters des zuständigen Finanzamts die Terminsgebühr auslösen können. Das ist entweder der Vorsteher bzw. Amtsleiter oder der zuständige Sachgebietsleiter der Rechtsbehelfsstelle. Isolierte Besprechungen mit anderen Bediensteten des Finanzamts (z.B. Sachbearbeiter, Betriebsprüfungsstelle, Strafsachenstelle) ohne Beteiligung des entscheidungsbefugten Amtsträgers lösen die Terminsgebühr daher nicht aus (vgl. zuletzt Beschl. d. F...

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