Einführung
Der durch das "Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens" v. 10.12.2019 mit Wirkung vom 13.12.2019 neu eingefügte § 397b StPO erlaubt dem Gericht, mehreren Nebenklägern einen gemeinschaftlichen Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen oder beizuordnen, wenn mehrere Nebenkläger gleichgelagerte Interessen verfolgen (Kann-Vorschrift). Diese neue ausdrückliche gesetzliche Regelung baut auf der bereits vorhandenen Rspr. zur Beiordnung oder Bestellung eines anwaltlichen Beistands für mehrere Nebenkläger auf. Die gemeinschaftliche Nebenklagevertretung erstreckt sich bei der Bestellung eines Beistands (§ 397a Abs. 1 StPO) auf das gesamte Verfahren, während sie im Fall der bewilligten Prozesskostenhilfe (§ 397a Abs. 2 StPO) auf den jeweiligen Rechtszug beschränkt ist.
Vergütungsrechtlich wird § 397b StPO durch § 53a RVG ergänzt, der ebenfalls durch das "Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens" v. 10.12.2019 mit Wirkung v. 13.12.2020 neu in das RVG eingefügt worden ist. Wird für mehrere Nebenkläger ein Rechtsanwalt als gemeinschaftlicher Beistand bestellt oder beigeordnet, stellt das Gericht gem. § 397b Abs. 3 StPO fest, ob für einen nicht als Beistand bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt die Voraussetzungen der Bestellung oder Beiordnung vorgelegen haben. § 53a RVG knüpft an diese Regelung an und regelt die vergütungsrechtlichen Folgen eines Beschlusses gem. § 397b Abs. 3 StPO.
I. Anwendungsbereich
1. § 397a Abs. 1 und Abs. 2 StPO
Mehrere Nebenkläger können nach § 397a Abs. 1 StPO Anspruch auf Bestellung eines Beistands oder gem. § 397a Abs. 2 StPO Anspruch auf Bewilligung von PKH für die Zuziehung eines Rechtsanwalts haben. Beide Fälle erfasst § 397b StPO.
2. Keine Beiordnung im Wege der PKH nach § 397a Abs. 2 StPO
§ 397a Abs. 2 StPO sieht anders als § 379 Abs. 3 StPO für den Privatkläger und § 404 Abs. 5 StPO für das Adhäsionsverfahren keine Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege der PKH für den Nebenkläger vor. § 397a Abs. 2 StPO erlaubt es lediglich, dem Nebenkläger für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts auf Antrag PKH nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, wenn er seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zuzumuten ist.
Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse hängt gem. § 45 Abs. 1 RVG aber von der Beiordnung des Rechtsanwalts im Wege der PKH ab. Wenn es an der Beiordnung eines (namentlich vom Gericht bestimmten) Rechtsanwalts fehlt, weil dem Nebenkläger nur PKH für die Zuziehung eines Rechtsanwalts bewilligt ist, erwächst dem vom Nebenkläger zugezogenen Rechtsanwalt jedenfalls nach dem klaren Wortlaut von § 45 Abs. 1 RVG kein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse. Dem im Rahmen bewilligter PKH durch den Nebenkläger zugezogenen Rechtsanwalt einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu versagen, weil § 45 Abs. 1 RVG ausdrücklich auf eine Beiordnung im Wege der PKH und § 45 Abs. 3 RVG auf eine sonstige Beiordnung und Bestellung abstellen, ist nicht sachgerecht und mit dem Sinn und Zweck der PKH nicht zu vereinbaren. Die PKH erstreckt sich zwar nach § 397a Abs. 2 StPO nur auf die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Weil dem Nebenkläger außer den Aufwendungen für einen Rechtsanwalt sonstige Kosten, die die Bewilligung von PKH rechtfertigen könnten, in der Regel aber nicht entstehen können und von der gewährten PKH auch nicht erfasst werden, erscheint es ausgeschlossen, die durch die anwaltliche Vertretung des Nebenklägers im Rahmen der bewilligten PKH anfallende Vergütung nicht aus der Staatskasse zu erstatten.
II. Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45 RVG)
1. Bestellung gem. § 397a Abs. 1 StPO oder Zuziehung im Wege der PKH gem. § 397a Abs. 2 StPO
Den gem. § 397a Abs. 1 StPO bestellten Rechtsanwälten steht gem. § 45 Abs. 3 RVG aufgrund der gerichtlichen Bestellung ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu. Das gilt auch für die Rechtsanwälte, die von Nebenklägern gem. § 397a Abs. 2 StPO bei bewilligter PKH hinzugezogen werden. Die Bewilligung von PKH für die Zuziehung eines Rechtsanwalts nach § 397a Abs. 2 StPO steht vergütungsrechtlich einer Beiordnung gleich.
Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse erfasst gem. § 48 Abs. 6 RVG auch Tätigkeiten, die der Rechtsanwalt vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung oder Zuziehung im Wege der PKH erbracht hat.
2. Gemeinschaftlicher Beistand für mehrere Nebenkläger (§ 397b Abs. 1 StPO)
Wird gem. § 397b Abs. 1 StPO für mehrere Nebenkläger ein Rechtsanwalt als gemeinschaftlicher Beistand beigeordnet oder bestellt, steht der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45 Abs. 3 RVG) nur diesem gemeinschaftlichen Beistand zu. Auch dieser Rechtsanwalt erhält wegen § 48 Abs. 6 RVG aus der Staatskasse...