Die Entscheidung ist zwar in einem sozialrechtlichen Verfahren ergangen. Die Problematik stellt sich aber in allen PKH- und VKH-Verfahren gleichermaßen.
Die Entscheidung des LSG ist lediglich im Ergebnis richtig.
Zutreffend ist der Ausgangspunkt, dass ein PKH-Verfahren gebührenrechtlich mit zum Rechtszug der Hauptsache zählt und dass ein Bewilligungsverfahren und ein späteres Überprüfungs- oder Aufhebungsverfahren zusammen mit diesem nach § 16 Nr. 3 RVG dieselbe Angelegenheit darstellt. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass mehrere Tätigkeiten des Anwalts als dieselbe Angelegenheit gelten, ergibt sich aber aus § 15 Abs. 5 RVG. Wenn der ursprüngliche Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist, dann ist die weitere Tätigkeit als neue Sache anzusehen. Es handelt sich insoweit um eine Fiktion. Soweit das LSG der Auffassung ist, eine Erledigung sei deshalb nicht eingetreten, weil ja das Überprüfungsverfahren noch mit zur Angelegenheit gehören würde, handelt es sich um einen Zirkelschluss. Die Vorschrift des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG setzt ja gerade voraus, dass es sich ohne die Anwendung dieser Vorschrift noch um dieselbe Angelegenheit handeln würde. Würde man die Vorschrift so eng auslegen, wie das LSG, könnte § 15 Abs. 5 RVG ausschließlich in dem Fall zur Anwendung kommen, in dem das frühere Mandat gekündigt und dann später neu erteilt wird. Leider verkennt die Rspr. überwiegend den Anwendungsbereich und den Sinn und Zweck des § 15 Abs. 5 RVG. Zum Verständnis muss man länger zurückblicken. Zu Zeiten der BRAGO war es umstritten, wann ein Anwalt wieder neue Gebühren erhält, wenn er in einer für ihn erledigten Sache wieder tätig werde. Hier wurden verschiedene Zeiträume vertreten. Der Gesetzgeber wollte dies regeln und hat den Zeitraum von zwei Kalenderjahren festgelegt. Auch der BGH ist anfangs der restriktiven Rspr. gefolgt, hat allerdings immer wieder in analoger Anwendung Ausnahmen zugelassen. In seiner letzten Entscheidung hat er aber angedeutet, dass diese enge Auffassung zumindest bedenklich ist.
Zutreffenderweise muss man also davon ausgehen, dass ein Überprüfungsverfahren nach Ablauf von mehr als zwei Kalenderjahren eine neue Angelegenheit auslöst. Es verhält sich nicht anders, als in anderen Fällen, in denen weitere Tätigkeiten noch zur selben Angelegenheit gehören. So ist zwar ein einstweiliges Verfügungsverfahren und ein Aufhebungs- und Abänderungsverfahren nach § 16 Nr. 5 RVG dieselbe Angelegenheit. Auch hier nimmt die Rspr. jedoch eine neue Angelegenheit an, wenn das Aufhebungs- oder Abänderungsverfahren nach mehr als zwei Kalenderjahren eingeleitet wird.
Eine andere Frage – und darauf ist das LSG nur ansatzweise eingegangen – ist die, ob für eine weitere Tätigkeit im Überprüfungsverfahren überhaupt eine Vergütung aus der Landeskasse zu zahlen ist. Diese Frage ist zu verneinen. Der BGH hat entschieden, dass für die Tätigkeit im PKH-Verfahren keine VKH bewilligt werden kann mit Ausnahme des Abschlusses eines Vergleichs und eines Rechtsbeschwerdeverfahrens. Eine Beiordnung erfolgt daher auch nur im Hauptsacheverfahren und nicht im PKH-Bewilligungsverfahren. So verhielt es sich auch hier. Das bedeutet, dass die seinerzeit bewilligte PKH sich nicht auch auf das PKH-Bewilligungsverfahren erstreckt hat und folglich auch nicht auf ein Abänderungsverfahren.
Der Anwalt hätte also allenfalls seinen Auftraggeber (als Wahlanwalt) in Anspruch nehmen können, wenn dieser ihm einen Auftrag für das Abänderungsverfahren erteilt hätte. Dem stünde vermutlich aber dann ein Schadensersatzanspruch entgegen, da der Anwalt in diesem Fall wohl darauf hinweisen muss, dass seine Tätigkeit vergütungspflichtig ist. Ein bedürftiger Mandant wird dann eine Erklärung zu persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen selbst abgeben, da im PKH-Prüfungsverfahren kein Anwaltszwang besteht. Alleine die gesetzlich gebotene Zustellung der Überprüfungsanfrage an den Anwalt lässt die Gebühr jedenfalls noch nicht entstehen.
Rechtsanwalt Norbert Schneider
AGS 5/2020, S. 218 - 223