§ 91 ZPO; Nr. 3500 VV RVG
Leitsatz
Die Erstattung einer Verfahrensgebühr für den Beschwerdegegner setzt einen Vortrag voraus, dass sein Prozessbevollmächtigte nach Erhalt der gegnerischen Beschwerdeschrift zumindest beauftragt worden ist, zu prüfen, ob etwas zu veranlassen ist.
OLG Naumburg, Beschl. v. 2.4.2020 – 12 W 3/20
I. Sachverhalt
Die Klägerin hatte den vom Gericht beauftragten Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das LG hat den Befangenheitsantrag zurückgewiesen. Die dagegen zum OLG erhobene sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg. De Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden der Klägerin auferlegt. Hiernach beantragte der Beklagte die Festsetzung seiner Kosten im Beschwerdeverfahren, nämlich einer 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV zzgl. Auslagen und Umsatzsteuer. Das LG hat antragsgemäß festgesetzt. Auf die hiergegen von der Klägerin erhobene sofortige Beschwerde hat das OLG den Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben.
II. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht ersichtlich
Zwar hat das OLG im zugrunde liegenden Beschwerdeverfahren entschieden, dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens von der Klägerin zu tragen seien; allerdings ist nicht ersichtlich, dass dem Beklagten die von ihm angemeldeten Kosten entstanden sind. In einem Verfahren der sofortigen Beschwerde über die Ablehnung eines Sachverständigen entsteht zwar gem. Nr. 3500 VV auch für den Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners eine 0,5-Verfahrensgebühr, sofern er im Beschwerdeverfahren beauftragt wird. Hierzu hatte die Beklagte allerdings nichts vorgetragen. Die bloße Entgegennahme der Beschwerdeschrift zählt nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG noch zur Ausgangsinstanz. Erst mit dem Auftrag zum weiteren Tätigwerden wird die 0,5-Verfahrensgebühr für den Beschwerdegegner ausgelöst. Hierzu genügt es bereits, dass dem Anwalt des Beschwerdegegners der Auftrag erteilt wird, zu prüfen, ob im Hinblick auf die Beschwerde der Gegenseite etwas zu veranlassen sei. Diesbezüglich war aber nichts von Beklagtenseite vorgetragen. Der Beklagte war vielmehr der Auffassung, durch die bloße Entgegennahme der Beschwerde sei bereits die 0,5-Verfahrensgebühr angefallen. Da eine weitere Tätigkeit nicht glaubhaft gemacht worden ist, war somit der Beschwerde stattzugeben und der Festsetzungsantrag zurückzuweisen.
III. Bedeutung für die Praxis
Tätigkeit für Beschwerdegegner muss glaubhaft gemacht werden
In einem Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen die Ablehnung eines Richters oder Sachverständigen entsteht die 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV. Für den Beschwerdeführer entsteht diese Gebühr mit Einlegung der Beschwerde. Für den Anwalt des Beschwerdegegners entsteht die Gebühr, wenn er den Auftrag erhält, im Beschwerdeverfahren tätig zu werden. Die bloße Entgegennahme der Beschwerdeschrift reicht dazu noch nicht aus. Diese Tätigkeit gehört nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG noch zur Vorinstanz. Der Auftrag muss sich auf ein weiteres Tätigwerden erstrecken. Dazu genügt es, dass dem Anwalt der Auftrag erteilt wird, zu prüfen, ob etwas im Hinblick auf die Beschwerde zu veranlassen sei. Selbst wenn der Anwalt zum Ergebnis kommt, es sei nichts Weiteres zu veranlassen und er auch keine weitere Stellungnahme abgibt, ist bereits die 0,5-Gebühr entstanden. Im Gegensatz zur Verfahrensgebühr im Erkenntnisverfahren kennt die Verfahrensgebühr im Beschwerdeverfahren keine ermäßigte Gebühr bei vorzeitiger Erledigung ohne Einreichung eines Schriftsatzes. Sie entsteht immer zu 0,5. Erforderlich ist aber, dass der Anwalt eine über die Entgegennahme der Beschwerde hinausgehende Tätigkeit entfaltet hat, zumindest damit beauftragt worden ist. Eine solche Tätigkeit, zumindest ein solcher Auftrag, ist im Kostenfestsetzungsverfahren glaubhaft zu machen (§§ 104 Abs. 2, 294 ZPO). Solange eine über die bloße Entgegennahme der Beschwerde hinausgehende Tätigkeit nicht glaubhaft gemacht ist, kann auf Seiten des Beschwerdegegners eine 0,5-Gebühr nicht festgesetzt werden (so auch OLG Koblenz AGS 2013, 166). Insoweit ist nicht nachzuvollziehen, wieso sich der Anwalt des Beschwerdegegners nicht im Verfahren bestellt und die Zurückweisung der Beschwerde beantragt hat. Damit wären sein Auftrag und seine Tätigkeit aktenkundig. Einer weiteren Glaubhaftmachung hätte es dann nicht bedurft. Wenn der Anwalt sich im Verfahren nicht bestellt, darf er sich nicht wundern, wenn später im Kostenfestsetzungsverfahren die Glaubhaftmachung der Gebühr nicht gelingt.
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 5/2021, S. 220 - 221