§§ 34, 33 FamGKG; § 156 Abs. 2 FamFG

Leitsatz

Schließen die Kindeseltern in einem isolierten Verfahren über die elterliche Sorge auch einen Vergleich über den Umgang, der anschließend familiengerichtlich genehmigt wird, so liegt kein Vergleichsmehrwert vor; vielmehr erhöht sich der Verfahrenswert um den zusätzlichen Gegenstand des Umgangsverfahrens.

OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.3.2021 – 2 WF 49/21

I. Sachverhalt

Zwischen den Eltern des betroffenen Kindes war im November 2020 ein Verfahren zur Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts eingeleitet worden. Das Gericht hatte daraufhin Termin zur Anhörung der Beteiligten auf den 26.1.2021 anberaumt. In diesem Termin kam eine Vereinbarung zustande, wonach es bei der Aufrechterhaltung der gemeinsamen Sorge sowie der Beibehaltung des bisher praktizierten Wechselmodells bleiben sollte. Das FamG hat die Vereinbarung zum Umgang gem. § 156 Abs. 2 FamFG familiengerichtlich genehmigt und den Verfahrenswert gem. § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG auf 3.000,00 EUR festgesetzt. Dabei hat sich das FamG ausschließlich auf den Gegenstand der elterlichen Sorge bezogen. Ein darüber hinausgehender Wert sei nicht gegeben, da durch die Vereinbarung zum Umgangsrecht lediglich das bisher praktizierte Wechselmodell weiter fortgeschrieben und damit keine über den Verfahrenswert hinausgehende Regelung getroffen worden sei.

Gegen diesen Verfahrenswertbeschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten beider Eheleute jeweils Beschwerde eingelegt und eine Erhöhung des Verfahrenswerts auf 7.000,00 EUR begeht. Sie sind der Auffassung, dass hinsichtlich des Umgangs ein weiterer Wert anzusetzen sei. Da der Umgang erst in 2021 thematisiert worden sei, gelte insoweit bereits der neue Regelwert nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 i.H.v. 4.000,00 EUR. Das OLG hat der Beschwerde stattgegeben und den Verfahrenswert auf 7.000,00 festgesetzt.

II. Verfahrensmehrwert durch Umgangsvergleich

Gegenstand des Antrags war zunächst nur die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts als Teil der elterlichen Sorge gewesen. Insoweit hat das FamG den Verfahrenswert auf 3.000,00 EUR festgesetzt, was auch nicht beanstandet wird.

Entgegen der Auffassung des FamG ist jedoch hier ein weiterer Wert anzusetzen. Im Anhörungstermin ist nämlich das Umgangsrecht thematisiert worden. Es ist ein Vergleich geschlossen worden, den das FamG anschließend familienrechtlich genehmigt hat. Damit ist von Amts wegen der zusätzliche Verfahrensgegenstand des Umgangs anhängig gemacht worden. Insoweit ist für den Umgang ein gesonderter Wert festzusetzen. Da das Verfahren hinsichtlich des Umgangs erst in 2021 von Amts wegen anhängig gemacht worden ist, ist im Rahmen des § 42 Abs. 3 FamGKG bereits der neue Regelwert des § 45 Abs.1 FamGKG, also i.H.v. 4.000,00 EUR zu berücksichtigen, sodass sich ein Wert i.H.v. 7.000,00 EUR ergibt.

III. Bedeutung für die Praxis

Konstellationen wie die hier zugrunde liegende kommen häufig vor, nämlich dass in einem Verfahren über die elterliche Sorge ein Vergleich über das bis dato nicht anhängige Umgangsrecht geschlossen wird. Insoweit ist in jüngster Zeit umstritten, wie hier abzurechnen ist. Dabei ist eigentlich nicht die Frage der Abrechnung das Problem, sondern die verfahrensrechtliche Behandlung eines solchen Vergleichs über das Umgangsrecht im Sorgerechtsverfahren.

Anfangs hatte sich die Rspr. hier kaum Gedanken gemacht, bis hier zuletzt festgestellt worden ist, dass die Sache doch verfahrensrechtlich komplizierter ist als zunächst angenommen.

Zunächst ist die Rspr. von einem einfachen Mehrwertvergleich ausgegangen. Das anhängige Sorgerechtsverfahren wurde mit dem Regelwert bewertet und in Höhe des Mehrvergleichs über das Umgangsrecht wurde dann ein Vergleichsmehrwert in Höhe ebenfalls des Regelwertes angenommen.

Ausgehend hiervon ergab sich folgende Abrechnung, wobei in den nachfolgenden Beispielsfällen zunächst einmal noch der alte Regelwert von 3.000,00 EUR angesetzt werden soll.

 

Beispiel

In einem Verfahren der elterlichen Sorge schließen die beteiligten Eheleute einen Vergleich über das Sorgerecht und anschließend auch über das bis dato nicht anhängige Umgangsrecht. Das Gericht billigt den Vergleich über den Umgangsrecht gem. § 156 Abs. 2 FamFG und entscheidet in der Sorgerechtssache so, wie die beteiligten Eheleute sich geeinigt haben.

Ursprünglich wurde angenommen, dass es sich hier um einen gewöhnlichen Mehrwertvergleich handele. Der Wert des Verfahrens wurde auf 3.000,00 EUR festgesetzt und der Mehrwert des Vergleichs auf 3.000,00 EUR (alte Regelwerte; alte Gebührenbeträge).

Abzurechnen war demnach wie folgt:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   261,30 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. 0,8-Verfahrensdifferenzgebühr, Nr. 3101 VV   160,80 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
  die Grenze des § 15 Abs. 3 RVG,    
  nicht mehr als    
  1,3 aus 6.000,00 EUR,    
  ist nicht überschritten    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   424,80 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
4. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV   201,00 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
5. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV   301,50 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
  die Grenze des § 1...

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