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In unserer Beitragsreihe zu den Gebühren in Straf- und Bußgeldverfahren wurde in einem Update in AGS 2022, 97 die Terminsgebühr (Vorbem. 4 Abs. 3 VV) vorgestellt. Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit der Terminsgebühr für den sog. "geplatzten" Termin nach Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV.
I. Allgemeines
Für das Strafverfahren ist die (allgemeine) Terminsgebühr in Vorbem. 4 Abs. 3 S. 1 VV und für das Bußgeldverfahren in Vorbem. 5 Abs. 3 S. 1 VV geregelt. In beiden Teilen ist in Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV bzw. in Vorbem. 5 Abs. 3 S. 2 VV eine gleichlautende Regelung für die in der Praxis nicht seltenen Fällen enthalten, dass ein anberaumter Termin nicht stattfindet, der Rechtsanwalt aber erschienen ist (sog. "geplatzter Termin"). Danach erhält der Rechtsanwalt auch dann (s)eine (besondere) Terminsgebühr, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, für ihn nicht stattfindet, ohne dass es darauf ankommt, ob zur Sache verhandelt worden ist. Da die Regelung in Vorbem. 5 Abs. 3 VV der in Vorbem. 4 Abs. 3 VV entspricht, gelten die nachfolgenden Ausführungen sowohl für das Straf- als auch für das Bußgeldverfahren.
Sinn und Zweck dieser Regelung in Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV ist es, unnützen Zeitaufwand, den der Rechtsanwalt hat, zu honorieren. Der Rechtsgedanke ist daher ggfs. auch bei der (allgemeinen) Bemessung der Terminsgebühr zu berücksichtigen, wenn z.B. die Hauptverhandlung aus vom Verteidiger nicht zu vertretenden Gründen nur kürzer als zunächst geplant gedauert hat. Das OLG Celle wendet die Regelung entsprechend an, wenn der Verteidiger eines Angeklagten in einem gegen Dritte gerichteten Parallelverfahren, in dem er bislang nicht beteiligt ist, eine Terminsbenachrichtigung mit dem Hinweis erhält, dass beabsichtigt sei, im Termin des Parallelverfahrens beide Verfahren zu verbinden, auch wenn die Verfahrensverbindung anschließend wegen Ausbleibens der Angeklagten unterbleibt.
Fällt ein (Hauptverhandlungs-)Termin aus, muss der Mandant die entstehende Terminsgebühr dennoch beim Rechtsanwalt zahlen. Für den Mandanten stellt sich dann aber die Frage, ob und von wem er die Gebühr ggfs. erstattet verlangen kann. Insoweit kommen gegen einen Zeugen/Sachverständigen die §§ 51 Abs. 1 S. 1, 72 StPO in Betracht. Ist die Abladung nicht (rechtzeitig) erfolgt, haftet die Staatskasse ggfs. aus § 839 BGB.
II. Persönlicher Anwendungsbereich
1. Allgemeines
Die Terminsgebühr für den geplatzten Termin steht sowohl dem Wahlanwalt als auch dem Pflichtverteidiger sowie dem sonstigen Vertreter oder Beistand eines Verfahrensbeteiligten zu, wenn er in einer dieser Funktionen tätig wird, und zwar ggfs. auch einem Zeugenbeistand, wenn man dessen Tätigkeiten zutreffend nach Teil 4 Abschnitt 1 VV abrechnet. Das folgt aus Vorbem. 4 Abs. 1 VV.
Wird der Rechtsanwalt nur im Rahmen einer Einzeltätigkeit tätig, z.B. nach Nr. 4301 Nr. 4 VV im Rahmen einer "Beistandsleistung", ist der Rückgriff auf die Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 u. 3 VV nicht zulässig. Bei den Gebühren nach Teil 4 Abschnitt 3 VV handelt es sich nämlich um Verfahrensgebühren und nicht um Terminsgebühren. Der Rückgriff ist aber auch nicht erforderlich, denn der unnütze Zeitaufwand für den "geplatzten Termin" kann beim Wahlanwalt bei der Bemessung seiner Rahmengebühr berücksichtigt werden. Der Pflichtverteidiger erhält als Verfahrensgebühr eine Festgebühr. Sie ist mit der ersten Tätigkeit des Pflichtverteidigers entstanden und fällt nicht dadurch weg, dass der Termin nicht stattfindet (§ 15 Abs. 4 RVG).
2. Personenbezogene Gebühr
Die Gebühr nach Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV ist "personenbezogen" zu verstehen. Entscheidend ist, dass für den Rechtsanwalt der Termin nicht stattfindet. Ob der Termin dann, ggfs. mit anderen Beteiligten, durchgeführt wird, ist unerheblich. Sinn und Zweck der Regelung ist es nämlich, den für den jeweiligen Rechtsanwalt entstandenen nutzlosen Zeitaufwand zu reduzieren. Erfasst wird daher auch der Fall, dass der als Pflichtverteidiger beigeordnete Rechtsanwalt erscheint und er dann vor Aufruf aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen entpflichtet wird.
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