1. Gesetzliche Grundlagen
Die zunächst nach einem Gebührensatz von 3,0 angefallene Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen kann sich auf den Satz von 1,0 ermäßigen, wenn einer oder in Kombination mehrere der in Nr. 1211 GKG KV aufgeführten Ermäßigungstatbestände vorliegt/vorliegen. Der Kläger hatte sich hier auf die Vorschrift in Nr. 1211 Nr. 1a GKG KV bezogen, wonach bei Beendigung des gesamten Verfahrens durch Zurücknahme der Klage die Ermäßigung der Verfahrensgebühr auf den Satz von 1,0 erfolgt. Die Ermäßigung tritt in einem solchen Fall allerdings dann nicht ein, wenn bereits ein anderes als eins der in Nr. 2 genannten Urteile (Anerkenntnisurteil, Verzichtsurteil, Urteil ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe) der Klagerücknahme vorausgegangen ist.
2. Die Umstände im Fall des OLG München
Nach Auffassung des OLG München greift die Gebührenermäßigung nur dann ein, wenn die Klagerücknahme das gesamte Verfahren beendet hätte. Das sei hier jedoch nicht der Fall gewesen, weil der Klagerücknahme das landgerichtliche Teilurteil über die Widerklage vom 18.11.2016 vorausgegangen sei. Eine Aufteilung der gerichtlichen Verfahrensgebühr in einen zu ermäßigenden Teil (hier hinsichtlich der Klageforderung) und hinsichtlich eines nicht ermäßigten Teils (hier der Widerklageforderung) sei gesetzlich nicht vorgesehen. Folglich sei dem Kläger die Ermäßigung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1211 GKG KV zu versagen (s. auch KG AGS 2009, 407).
Das OLG München hat ferner darauf hingewiesen, dass dies unabhängig vom Wertverhältnis der Widerklage zum Gesamtstreitwert gilt. Dieses Wertverhältnis sei für die Anwendung des Ermäßigungstatbestandes ebenso wenig von Bedeutung wie der im Einzelfall angefallene Arbeitsaufwand des Gerichts (s. auch OLG Karlsruhe AGS 2004, 492 m. Anm. N. Schneider).
Das OLG München hält es auch mit dem Vereinfachungsgedanken der Gebührenermäßigung für unvereinbar, eine solche nur nach einem Teil des Streitgegenstandes vorzunehmen (s. OLG Schleswig AGS 2003, 173). Kostenrechtlich existiere nämlich nur ein Verfahren, dessen Wert sich aus den Streitgegenständen von Klage und Widerklage zusammensetze (s. OLG Düsseldorf AGS 1999, 188). Deshalb sei nämlich der Wert der Klage und der Widerklage gem. § 45 Abs. 1 S. 1 GKG zusammenzurechnen. Die auch hier vom Kläger vertretene Auffassung, die 3,0-Verfahrensgebühr würde sich nur nach einem Teil des Streitgegenstandes bemessen können, resultiere aus dem früher geltenden Gebührenrecht, sei dem nunmehr maßgeblichen GKG jedoch fremd.
Dem steht nach Auffassung des OLG München auch der unzutreffende Berichtigungsbeschluss des LG Landshut, der eine gestaffelte Wertfestsetzung für die Gerichtskosten vorgenommen hat, nicht entgegen (s. LG Stendal AGS 2019, 228 m. Anm. Volpert; OLG München AGS 2017, 336). Es gehe nämlich um Gerichtskosten, die sich stets nach dem höchsten Streitwert berechneten.