Die Lösung des Sachverhaltes Nr. 3 ist eng verbunden mit der Frage, ob "nachträglich" noch Beratungshilfe abgerechnet werden kann. Durch die Einführung der 4-Wochen-Frist zur nachträglichen Antragstellung seit dem 1.1.2014 ist davon auszugehen, dass ein Berechtigungsschein auch bei nachträglicher Antragstellung zu erteilen ist, sofern das Verfahren nicht innerhalb der 4 Wochen erledigt werden kann. Maßgeblich ist dabei aber der Beginn der Tätigkeit. Dieser Beginnt liegt im Sachverhalt zeitlich mit der erstmaligen Kontaktierung und Beschäftigung des Sachverhaltes. In dem Moment, indem der Mandant und der Rechtsanwalt das Beratungsgespräch hatten, begann die Frist zu laufen. Bei der Frist handelt es sich nach dem Willen des Gesetzgebers um eine Ausschlussfrist. Die Frist wurde eingeführt, um möglichst zeitnah für alle beteiligten Rechtssicherheit entstehen zu lassen. Innerhalb der genannten Frist soll daher eine Antragstellung erfolgen. Geht der Antrag nicht innerhalb der genannten Frist ein, ist er zurückzuweisen. Im Fall ist daher eine Antragstellung (nachträglich) während des Verfahrens noch denkbar, sofern die 4-Wochen-Frist noch nicht überschritten ist. Am Ende des Mandates hingegen dürfte Beratungshilfe ausscheiden, es sei denn der Sachverhalt wäre innerhalb von 4 Wochen beendet gewesen. Allerdings könnte im Beispielsfall ein ganz anderes Problem der nachträglichen Bewilligung von Beratungshilfe in Gänze entgegenstehen.
Im vorliegenden Sachverhalt scheinen Mandant und Rechtsanwalt kein Mandat nach dem BerHG begründet zu haben. Voraussetzung eines solchen ist, dass bereits vor Aufnahme der Tätigkeit klar sei, dass ein Mandat zu den Spezialkonditionen des BerHG und nicht nach den herkömmlichen Gebührentatbeständen zustande kommt. Dies wird u.a. daraus abgeleitet, dass die unmittelbare Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes "im Wege der Beratungshilfe" erfolgen muss und der Rechtsuchende direkt bei Konsultierung eines Anwaltes klarzustellen habe, dass eine anwaltliche Tätigkeit im Wege der Beratungshilfe gewünscht ist, denn das BerHG diene nicht zur Absicherung eines anwaltlichen Gebührenrisikos. Keinesfalls kann daher davon ausgegangen werden, dass – ggfs. auch innerhalb von 4 Wochen – aus einem Wahlmandat heraus ein Beratungshilfemandat bei Gericht beantragt werden kann, etwa wenn sich herausstellt, dass ein Mandant nicht mehr zahlungsfähig oder zahlungswillig ist. Die Realisierung von Mandaten ex post zu Beratungshilfemandaten, etwa, weil sich die Eintreibung der Vergütungsforderung vom Mandanten als schwierig erwiesen hat, soll weiterhin ausgeschlossen sein.
Autor: Dipl.-RPfleger Stefan Lissner, Konstanz
AGS 5/2022, S. 197 - 199