1. a) Zu den mit der Erstreckung zusammenhängenden Fragen erübrigen sich m.E. weitere Ausführungen. Denn der vom LG richtig erkannte Streit um die Reichweite des § 48 Abs. 6 Abs. 1 und 3 RVG hat sich durch die Änderungen durch das KostRÄG 2021 ab 1.1.2021 erledigt. Die mit dem früheren Streit zusammenhängenden Fragen können also nur noch in sog. Altfällen Bedeutung erlangen (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, § 48 Abs. 6 RVG Rn 24 m.w.N.).
Allerdings: Der Gesetzgeber hat sich mit der Neufassung des § 48 Abs. 6 S. 3 RVG anders entschieden, als hier das LG entschieden hat. Die Rspr., auf die sich das LG bezieht, ist m.E. im Hinblick auf den in dieser Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers nicht mehr haltbar. Daher erscheint es schon ein wenig fragwürdig, wenn das LG sich noch auf diese Rspr. bezieht und gegen den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, der in der Gesetzesänderung zum Ausdruck gekommen ist, entscheidet.
b) Man fragt sich zudem, ob die Ausführungen des LG zur Erstreckung nicht – zumindest teilweise – überflüssig sind. Denn der Rechtsanwalt ist gegen diese teilweise Ablehnung der von ihm beantragten Erstreckung nicht mit dem Rechtsmittel der Beschwerde (KG RVGreport 2012, 56 = StRR 2012, 78 = StraFo 2012, 292; OLG Celle AGS 2019, 554 = JurBüro 2019, 577 = StraFo 2019, 526 = RVGreport 2020, 93; LG Cottbus StRR 2013, 305; LG Kiel, RVGprofessionell 2006, 202) vorgegangen, diese Entscheidung ist somit in Rechtskraft erwachsen (vgl. nur OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2022 – 2 Ws 19/22, AGS 2022, 206, LG Leipzig, Beschl. v. 19.1.2021 – 13 Qs 8/21, AGS 2021, 73 = JurBüro 2021, 522), sodass schon von daher insoweit eine Vergütungsfestsetzung für die von der Erstreckungsentscheidung nicht erfassten Verfahren nicht (mehr) in Betracht kam. In Verfahren über eine (weitere) Beschwerde – wie hier – wird die Richtigkeit der Erstreckungsentscheidung auch nicht mehr überprüft (vgl. nur OLG Braunschweig NStZ-RR 2014, 232 = AGS 2014, 402; OLG Celle, a.a.O.; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., 2021, § 48 Rn 188, 207).
2. Zum Entstehen der Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV ist, gerade auch in der letzten Zeit, viel geschrieben worden. Es dürfte neben der Nr. 4141 VV kaum eine andere Vorschrift aus dem Teil 4 VV geben, die so häufig Gegenstand gerichtlicher Entscheidung (gewesen) ist, was sicherlich auf die Änderungen der §§ 73 ff. StGB im Frühjahr 2017 zurückzuführen ist (vgl. zu Entscheidungen aus der letzten Zeit u.a. OLG Braunschweig, a.a.O.; OLG Nürnberg, Beschl. v. 11.4.2022 – Ws 250/22, AGS 2022, 418 = StraFo 2022, 407 = JurBüro 2022, 582). Insoweit ist sich die Rspr. einig, dass für das Entstehen der Gebühr auch eine bloß beratende Tätigkeit des Rechtsanwalts ausreicht, die sich – wie bei jeder Verfahrensgebühr – nicht unbedingt aus der Akte ergeben muss. Ausreichend ist, dass die Tätigkeit "nahe liegt", was hier, da mit der Anklage Wertersatz beantragt worden ist, sicherlich der Fall war (vgl. wegen der Einzelheiten Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4142 VV Rn 23 ff. m.w.N.). Allerdings: Das LG dürfte Recht haben, wenn es letztlich darauf abstellt, dass allein der Umstand, dass der Verteidiger an die Einziehung denkt, für das Entstehen der Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV nicht ausreicht. So lange sich das "Darandenken" nicht in einer zumindest beratenden Tätigkeit für den Mandanten nieder geschlagen hat, reicht es für das Entstehen der Gebühr nicht. Dazu muss man dann aber auch vortragen, da diese Beratung zwar nahe liegt, für das Gericht aber nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Wahrscheinlich hat der Rechtsanwalt hier beraten. Dass die Gebühr aber dennoch nicht festgesetzt worden ist, hat er sich selbst zuzuschreiben.
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 5/2023, S. 210 - 213