Begründet von Prof. Dr. Heinz Thomas und Prof. Dr. Hans Putzo; fortgeführt von Dr. Klaus Reichold (bis 41. Aufl.), Dr. Rainer Hüßtege, und Dr. Carl Friedrich Nordmeier. 44. Aufl., 2023. Verlag C.H. Beck, München. XL, 2.937 S., 69 EUR
Der Thomas/Putzo war ursprünglich als Studienkommentar zur ZPO konzipiert. Wohl jeder Jura-Student hat in den letzten Jahrzehnten mit ihm gearbeitet. Im Laufe der Zeit hat sich das Werk zu einem echten Praktiker-Kommentar entwickelt. Das seit vielen Jahren erfolgreiche Standardwerk zur ZPO, zum FamFG und zum Europäischen Verfahrensrecht informiert dabei schnell und zuverlässig über alle verfahrensrechtlichen Fragen. Das Verfahrensrecht wird dabei von den Autoren systematisch geordnet, übersichtlich dargestellt und praxisgerecht erläutert. Die Neuauflage hat einen Stand vom 1.3.2023. Dabei haben die Autoren eine Vielzahl neuer Gesetze berücksichtigt, die z.T. gerade erst am 1.1.2023 in Kraft getreten sind.
In den Erläuterungen zu § 91 ZPO erläutert Hüßtege ausführlich die Grundzüge der Kostenerstattung mit den in der Praxis am häufigsten vorkommenden Fallgestaltungen. Das für Kostenerstattung grundlegenden Problem, wann Kosten notwendig und damit erstattungsfähig sind, erörtert der Autor praxisgerecht unter § 91 ZPO Rn 9. So weist Hüßtege unter Hinweis auf die Rspr. des BGH zutreffend darauf hin, dass es für die Erstattungsfähigkeit nicht auf die objektive Lage, sondern auf die "verobjektivierte" Sicht der Prozesspartei ankomme. Unter § 91 Rn 25 befasst sich der Autor praxisgerecht unter dem Stichwort "Untervertreter" mit der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Terminsvertreters. Hüßtege vertritt – wie die h.M. in der Rspr. – die Auffassung, dass Terminsvertreterkosten nur erstattungsfähig sind, wenn die Partei und nicht ihr Prozessbevollmächtigter den Terminsvertreter beauftragt hat (s. OLG München AGS 2022, 448 [Hansens] = zfs 2022, 639 m. Anm. Hansens; OLG Dresden AGS 2023, 75 [Ders.]).
Die Ausführungen desselben Autors unter § 103 ZPO Rn 18 und § 104 ZPO Rn 24 zur Zulässigkeit der Nachfestsetzung werden durch die nachgewiesene Entscheidung des OLG Köln (RVGreport 2016, 380 [Hansens] = zfs 2016, 586 m. Anm. Hansens) betreffend die Nachfestsetzung bei Änderung des Gebührenrechts gestützt. Unter § 104 ZPO Rn 25 ff. stellt Hüßtege praxisgerecht das Rechtsmittelsystem im Kostenfestsetzungsverfahren vor.
Seiler befasst sich in den Erläuterungen der §§ 130a ff. ZPO eingehend mit der Zustellung von Schriftsätzen als elektronisches Dokument. Unter § 130d ZPO Rn 2 erörtert der Autor unter Hinweis auf aktuelle Rspr. des BGH, was der Rechtsanwalt vorzutragen und glaubhaft zu machen hat, wenn eine Übermittlung von Schriftsätzen über das beA aus technischen Gründen vorübergehend unmöglich war.
Unter § 945a ZPO Rn 5 befasst sich Seiler mit den Kosten im Zusammenhang mit dem Einreichen einer Schutzschrift beim Zentralen Schutzschriftenregister. Auch die für die Hinterlegung der Schutzschrift nach § 15a JVKostG i.V.m. Nr. 1160 JVKostG KV angefallene Gebühr i.H.v. derzeit 83,00 EUR kann zu den erstattungsfähigen Kosten gehören, wenn die Einreichung der Schutzschrift selbst notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO war.
Auch in der Neuauflage ist der "Thomas/Putzo" ist ein hervorragender Praktiker-Kommentar zur ZPO und zum FamFG, der in den allermeisten Fällen bei der Lösung der in der Praxis vorkommenden Probleme weiterhilft.
Autor: Heinz Hansens
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 5/2023, S. III