§§ 15 Abs. 2, 17 Nr. 1, 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG; §§ 71, 91 Abs. 1, 103 ff. ZPO
Leitsatz
- Das Verfahren über den Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention gem. § 71 ZPO stellt einen Zwischenstreit i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG dar.
- Der Prozessbevollmächtigte verdient in einem Verfahren über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zusätzliche Gebühren oder Auslagen nur, soweit sie ihm nicht bereits im Hauptsacheverfahren entstanden sind.
- Ist bei Zurückweisung der Nebenintervention entsprechend § 91 Abs. 1 ZPO eine Kostenentscheidung zulasten des Nebenintervenienten ergangen, betrifft diese allein die in dem Zwischenverfahren entstandenen zusätzlichen Kosten. Darüber hinaus hat der Nebenintervenient weitere Kosten des Rechtsstreits nicht zu tragen.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.10.2023 – 6 W 65/23
I. Sachverhalt
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat vor dem LG Potsdam gegen die Beklagte ein Versäumnisurteil gem. § 331 Abs. 3 ZPO erwirkt, nach dem die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Außerdem hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers seinen Mandanten in dem Zwischenstreit über den Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention vertreten. Das LG Potsdam hat nach mündlicher Verhandlung den Antrag auf Zulassung der Nebenintervention zurückgewiesen und dem Nebenintervenienten gem. bzw. entsprechend § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten auferlegt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger aufgrund der letztgenannten Kostenentscheidung die Festsetzung folgender außergerichtlicher Kosten gegen den Nebenintervenienten beantragt:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
785,20 EUR |
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(Wert: 12.500,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
724,80 EUR |
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(Wert: 12.500,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
290,70 EUR |
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Gesamt |
1.820,70 EUR |
Die Festsetzung seiner Kosten gegen die Beklagte hat der Kläger demgegenüber wohl nicht beantragt, weil diese mittlerweile insolvent ist. Der Rechtspfleger hat gegen den Nebenintervenienten lediglich folgende Kosten des Klägers festgesetzt:
1. |
0,7-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
422,80 EUR |
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(Wert: 12.500,00 EUR) |
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2. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
80,33 EUR |
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Gesamt |
503,13 EUR |
Die gegen die Absetzung des Mehrbetrages gerichtete sofortige Beschwerde hatte beim OLG Brandenburg keinen Erfolg.
II. Anwaltsvergütung im Zwischenstreit
1. Grundsätze
Gem. § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Dabei bildet gem. § 17 Nr. 1 RVG jeder Rechtszug eine gebührenrechtliche Angelegenheit. Das OLG Brandenburg hat darauf hingewiesen, dass zum Rechtszug gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG auch Zwischenstreite gehörten. Hierunter fielen nicht nur Streitigkeiten zwischen den Parteien des Hauptverfahrens, sondern grds. alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten sowie solche Verfahren, die mit dem Rechtszug zusammenhängen. Somit gehöre auch das Verfahren über den Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention gem. § 71 ZPO als Zwischenstreit zum Rechtszug i.S.v. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 26. Aufl., 2023, § 19 Rn 84; Mayer/Kroiß/Ebert, RVG, 8. Aufl., 2021, § 19 RVG Rn 39; AnwK RVG/N. Schneider/Fölsch/Volpert, 9. Aufl., 2021, § 19 Rn 50). Dies hat nach den weiteren Ausführungen des OLG Brandenburg zur Folge, dass der Prozessbevollmächtigte in den Verfahren über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention eine zusätzliche Vergütung nur dann und insoweit erhält, als sie ihm nicht im Hauptsacheverfahren, sondern allein im Zwischenstreit angefallen ist (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., Rn 95; AnwK RVG/N. Schneider/Fölsch/Volpert, a.a.O. Rn 51).
2. Zusätzliche Vergütung im Fall des OLG Brandenburg
Im entschiedenen Fall wirkte sich diese Gebührenrechtslage auf den Kostenerstattungsanspruch des Klägers gegen den Nebenintervenienten dahin aus, dass dieser nicht die Erstattung der im Hauptsacheverfahren angefallenen Gebühren und Auslagen verlangen kann. Im Hauptsacheverfahren waren dem Prozessbevollmächtigten des Klägers die 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV, die 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV und Abs. 1 Nr. 2 der Anm. zu Nr. 3105 VV und die Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV angefallen. Auf den Zwischenstreit entfiel damit lediglich die Differenz zwischen der im Hauptsacheverfahren angefallenen 0,5-Terminsgebühr und der in der mündlichen Verhandlung über die Zurückweisung des Antrags auf Zulassung der Nebenintervention nach § 71 Abs. 1 ZPO angefallenen 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV, mithin eine 0,7-Terminsgebühr nebst anteiliger Umsatzsteuer.
III. Umfang der Kostenentscheidung
Geht der Zwischenstreit über die Zulassung der Nebenintervention zu Ungunsten des Nebenintervenienten aus, hat dieser entsprechend § 91 ZPO die Kosten des Zwischenstreits zu tragen (BAG BAGE 19, 366, 369 = NJW 1968, 73; OLG Frankfurt OLGR Frankfurt 2008, 997). Eine solche Entscheidung gegen den Nebenintervenienten hatte hier auch das LG Potsdam getroffen. Diese Kostenentscheidung betrifft nach Auffassung des OLG Brandenburg allein die dur...