Nr. 4142 VV RVG; §§ 94 ff. StPO

Leitsatz

Bei der Beschlagnahme eines Gegenstands als Beweismittel entsteht die Gebühr Nr. 4142 VV nicht.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 21.3.2024 – 2 Ws 186/23 (S)

I. Sachverhalt

Das LG hat den Angeklagten vom Vorwurf der Hehlerei freigesprochen und dessen notwendige Auslagen der Staatskasse auferlegt. Der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten hat aus abgetretenem Recht Festsetzung der notwendigen Auslagen beantragt, und zwar u.a. auch eine Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV unter Berücksichtigung eines Gegenstandswerts von 2.276.300,00 EUR i.H.v. 8.613,00 EUR. Diese ist mit einer im Verfahren erfolgten Beschlagnahme nach den §§ 94 ff. StPO begründet worden.

Der Rechtspfleger hat die Gebühr abgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts hatte keinen Erfolg.

II. Umfang des Rechtsmittels

Die sofortige Beschwerde ist nach Auffassung des OLG Brandenburg zulässig und ersichtlich auf die Frage der Absetzung der Gebühr Nr. 4142 VV beschränkt. Die Beschwerdebegründung befasse sich allein mit dieser Gebühr. Darin heiße es, der Beschluss des LG werde "insbesondere dahingehend angefochten, soweit die beantragte Gebühr Nr. 4142 VV nicht festgesetzt" worden sei. Schließlich wird (allein) beantragt, den Beschluss dahin abzuändern, dass auch die beantragte Gebühr Nr. 4142 VV festzusetzen sei.

III. Beschlagnahme nach den §§ 94 ff. StPO

Das OLG hat das Rechtsmittel indes als unbegründet angesehen. Das LG habe die Gebühr nach Nr. 4142 VV zu Recht abgesetzt.

Die Verfahrensgebühr "bei Einziehung und verwandten Maßnahmen" entstehe für eine Tätigkeit für den Beschuldigten, die sich auf die Einziehung, dieser gleichstehenden Rechtsfolgen, die Abführung des Mehrerlöses oder auf eine diesen Zwecken dienende Beschlagnahme bezieht. Es löse mithin nicht jede Beschlagnahme den Gebührentatbestand aus, sondern nur solche Beschlagnahmen, deren Ziel es sei, eine der genannten Rechtsfolgen zu ermöglichen und damit die Beseitigung des Gegenstandes (Vermögenswerts) herbeizuführen; bei der Beschlagnahme eines Gegenstands als Beweismittel entstehe die Gebühr hingegen nicht (hierzu OLG Hamm, Beschl. v. 17 2.2009 – 2 Ws 378/08; BeckOK RVG/v. Seltmann/Knaudt, Nr. 4142 Rn 5 m.w.N.).

Im zugrunde liegenden Ermittlungs- bzw. Strafverfahren sei es zu einer Beschlagnahme mit dem Zweck der Sicherung einer Einziehung nicht gekommen. Die angeordnete Sicherstellung von Uhren, die später dann in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Ulm dem Berechtigten ausgehändigt worden seien, erfolgte vielmehr aktenkundig ausdrücklich und allein deshalb, weil diese "als Beweismittel von Bedeutung sein können". Bei dieser Sachlage sei nicht anzunehmen, dass der Antragsteller wegen der beschlagnahmten Uhren mit Blick auf eine Einziehung oder damit verwandte Maßnahme tätig geworden sei.

IV. Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung ist zutreffend. Das OLG Brandenburg hatte im Beschl. v. 17.8.2023 (2 Ws 102/23 (S)) bereits ebenso entschieden und liegt damit auf der Linie der zutreffenden Auffassung in der (obergerichtlichen) Rspr. (OLG Hamm, Beschl. v. 17.2.2009 – 2 Ws 378/08; LG Mainz AGS 2007, 139, s. auch Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 4142 VV Rn 8). Etwas anderes kann gelten, wenn ggf. die Sache – zumindest auch – als etwaiger Einziehungsgegenstand von Bedeutung ist (zum alten Recht OLG Düsseldorf RVGreport 2011, 228 = StRR 2011, 78 m. Anm. Volpert für eine in 1. Instanz ausschließlich auf die §§ 94, 98 StPO gestützte Beschlagnahme als Beweismittel, während in zweiter Instanz eine alternativ auf Einziehungsrecht gestützte Begründung der Beschlagnahmeanordnung vorliegt). Eine solche Fallkonstellation hat hier aber offenbar nicht vorgelegen.

Zum Anfall der zusätzlichen Gebühr Nr. 4142 VV s. auch ausführlich Burhoff, AGS 2024, 193 ff., in diesem Heft.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 5/2024, S. 229 - 230

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