1. Bestellungsbeschluss
Die Kammer verkenne dabei keinesfalls, dass sich hierdurch nicht unerhebliche Mehrkosten für die Landeskasse bzw. letztendlich für den zumeist verfahrenskostenpflichtigen Angeklagten ergeben, und daher insbesondere im Rahmen mehrtägiger Hauptverhandlungen – in erster Linie vor großen Strafkammern – ein legitimes Bedürfnis aller Verfahrensbeteiligten besteht, diese Mehrkosten so gut es geht zu vermeiden bzw. gering zu halten. In den meisten Fällen einer notwendig werdenden "Terminsvertretung" des für das gesamte Verfahren regulär bestellten Pflichtverteidigers bestehe dabei jedoch auch nach Ansicht der Kammer ein gangbarer Weg für eine grds. gebührenneutrale Vertreterbestellung. Diese müsse allerdings zum einen ausdrücklich und zum anderen im Konsens mit den beteiligten Rechtsanwälten erfolgen. Könne also bspw. der reguläre Pflichtverteidiger an einem einzelnen Termin – sei dies ein Hauptverhandlungstermin im Rahmen einer mehrtägigen Hauptverhandlung, sei dies ein Termin zur Verkündung eines Haftbefehls oder sonst ein Termin – wegen anderweitiger terminlicher Bindung, wegen Urlaubs, wegen Erkrankung oder – bei auswärtiger Haftbefehlsverkündung – wegen übermäßigen Anreiseaufwandes nicht teilnehmen, so sei von Rechts wegen nichts dagegen zu erinnern, wenn er einen Kollegen zu diesem Termin entsende, der angesichts des typischerweise äußerst beschränkten Verhandlungsstoffes solcher Termine kollegialiter bereit sei, in diesem Termin an seiner statt, regelmäßig allein auf Basis seiner Instruktionen und mithin unter Einfügung in seine Verteidigungsstrategie – sprich letztlich ohne jede relevante eigene Einarbeitung in die Sache sowie ohne ernstliche Tätigkeitsentfaltung im Termin – als Verteidiger aufzutreten. Diese in konsensualer Weise vorgenommene Vertreterbestellung erfordere allerdings die ausdrückliche Zustimmung des sich diesen Einschränkungen seiner Verteidigungsmöglichkeiten und seiner Gebührenansprüche unterwerfenden "Terminsvertreters", wobei die solchermaßen beschränkte Bestellung auch unmissverständlich in der Bestellungsentscheidung zum Ausdruck kommen sollte, indem diese etwa wie folgt formuliert wird:
Zitat
"Rechtsanwalt Y wird mit seiner Zustimmung für den heutigen Hauptverhandlungstermin/Termin zur Verkündung eines Haftbefehls anstelle von Rechtsanwalt X zum Pflichtverteidiger des Angeklagten bestellt mit der Maßgabe, dass bereits für Rechtsanwalt X angefallene Gebühren und Auslegen durch Rechtsanwalt Y nicht erneut geltend gemacht werden können."
2. Hier keine Einschränkungen
Entsprechende Einschränkungen weise die hier zu beurteilende Bestellungsentscheidung jedoch nach ihrem Wortlaut nicht auf, wobei angesichts der konkreten Verfahrenssituation, in welcher sie erfolgt sei, zugleich auch in der Sache kein Anlass besteht, sie entsprechend eingeschränkt auszulegen. So habe der reguläre Pflichtverteidiger vorliegend am Morgen des in Rede stehenden Verhandlungstages lediglich seine erkrankungsbedingte Verhinderung mitteilen lassen, ohne sich – soweit ersichtlich – um die Entsendung eines vertretungsbereiten Kollegen zu bemühen, während Rechtsanwalt R 2 sodann augenscheinlich durch den Strafrichter hinzugezogen worden sei, um die Hauptverhandlung an dem von diesem lediglich noch für die Urteilsverkündung vorgesehenen Verhandlungstag wie geplant abschließen zu können. Der dementsprechend nicht in konsensualer Weise in die Verteidigungsstrategie des regulären Pflichtverteidigers eingebundene Rechtsanwalt sei daher berufsrechtlich wie auch zivilrechtlich gegenüber dem Angeklagten gehalten gewesen, die Verteidigung in Vorbereitung und Auftreten in der Hauptverhandlung selbstständig und ohne jede Einschränkung zu führen. Da sodann auch nach dem letzten Wort des Angeklagten noch Beweisanträge gestellt werden können und nicht zuletzt auch ein Wiedereintritt in die Beweisaufnahme durch das Gericht stets In Betracht komme, können sich dabei auch aus dem späten Zeitpunkt der Bestellung in der Hauptverhandlung keine Einschränkungen des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts R 2 ergeben.