Leitsatz (amtlich)
1. Der Vergütungsanspruch des Verteidigers, der anstelle des verhinderten Pflichtverteidigers für einen Hauptverhandlungstermin als Verteidiger beigeordnet worden ist, beschränkt sich nicht auf die Terminsgebühren, sondern umfasst alle durch die anwaltliche Tätigkeit im Einzelfall verwirklichten Gebührentatbestände des Teils 4 Abschnitt 1 des Vergütungsverzeichnisses in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG.
2. Die Grundgebühr entsteht nach dem gesetzlichen Wortlaut Nr. 4100 Abs. 1 RVG-VV neben der Verfahrensgebühr für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt sie erfolgt. Somit wird mit der Grundgebühr das erste Gespräch mit dem Mandanten und die Beschaffung der erforderlichen Informationen abgegolten. Spätere sich anschließende Gespräche, die z.B. dem konkreten Aufbau der Verteidigungsstrategie dienen, werden nicht mehr von der Grundgebühr, sondern von der neben der Grundgebühr entstehenden Verfahrensgebühr umfasst.
3. Von der Terminsgebühr wird umfasst die gesamte Tätigkeit des Pflichtverteidigers im Hauptverhandlungstermin. Erfasst wird auch die Vorbereitung des konkreten Hauptverhandlungstermins, nicht jedoch die allgemeine Vorbereitung der Hauptverhandlung. Die insoweit erbrachten Tätigkeiten werden von der Verfahrensgebühr abgegolten.
Tenor
I.
Auf die weitere Beschwerde des weiteren Pflichtverteidigers XXX wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 30. Oktober 2013, mit dem der Beschluss des Amtsgerichts München vom 28. August 2013 aufgehoben und die Erinnerung des Pflichtverteidigers XXX gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 26. Juni 2013 zurückgewiesen wurde, aufgehoben.
II.
Auf die weitere Beschwerde des Pflichtverteidigers XXX wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 26. Juni 2013 dahingehend abgeändert, dass die von der Staatskasse an den beigeordneten Pflichtverteidiger XXX beantragte Vergütung auf weitere 133,28 € (insgesamt 912,81 €) festgesetzt wird.
III.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft München I erhob am 27.11.2012 unter anderem gegen XXX Anklage wegen versuchter Nötigung, wegen Raubs mit gefährlicher Körperverletzung zum Amtsgericht - Schöffengericht - München. Diese wurde mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 6.3.2013 zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht - Schöffengericht - München zugelassen. Zugleich bestimmte das Amtsgericht München Termin zur Hauptverhandlung auf Dienstag, 4.6.2013, 9.00 Uhr. Der Termin war mit dem vormaligen Verteidiger des Angeklagten abgesprochen worden.
Mit Schriftsatz vom 4.4.2013 zeigte Rechtsanwalt XXX unter Vorlage einer Vollmacht die Verteidigung des Angeklagten an, beantragte die Beiordnung als Pflichtverteidiger und die Terminsverlegung, da er sich bis einschließlich 4.6.2013 in seinem seit längerem geplanten Jahresurlaub befinde. Der Antrag auf Terminsverlegung wurde abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde als unzulässig verworfen.
Mit Schriftsatz vom 28.5.2013 beantragte Rechtsanwalt XXX als bestellter Vertreter für Rechtsanwalt XXX über den Beiordnungsantrag vom 4.4.2013 zu entscheiden. Ferner beantragte er, ihn für den Hauptverhandlungstermin am 4.6.2013 als weiteren Pflichtverteidiger beizuordnen, da Rechtsanwalt XXX an der Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins am 4.6.2013 verhindert sei. Das Amtsgericht München bestellte mit Verfügung vom 29.5.2013 dem Angeklagten Rechtsanwalt XXX als Pflichtverteidiger und "für die Verhandlung vom 4.6.2013 ferner Rechtsanwalt XXX als dessen Vertreter ...". An der Hauptverhandlung vom 4.6.2013 nahm Rechtsanwalt xxx als Verteidiger des Angeklagten teil. Der Angeklagte wurde mit Urteil von diesem Tag verurteilt.
Mit Schriftsatz vom 6.6.2013 hat Rechtsanwalt XXX die Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen beantragt. Er hat unter anderem die Festsetzung folgender Beträge beantragt: eine Grundgebühr Nr. 4100 RVG-VV, eine Verfahrensgebühr Nr. 4106 RVG-VV, eine Terminsgebühr Nr. 4108 RVG-VV und eine Erhöhungsgebühr Nr. 4111 RVG-VV, insgesamt einen Gesamtbetrag in Höhe von 912,81 €. Mit Schriftsatz vom 24.6.2013 hat er zur Begründung der Verfahrensgebühr vorgetragen, er habe sich umfassend in das Verfahren eingearbeitet. Er habe zwei Besprechungstermine mit seinem Mandanten durchgeführt, einen zur Einarbeitung in die Sache und einen zur Vorbereitung der Hauptverhandlung. Mit dem Mandanten sei der gesamte Akteninhalt einschließlich der Zeugenaussagen besprochen worden.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26.6.2013 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts München die von der Staatskasse an den Pflichtverteidiger XXX zu erstattende Vergütung auf 779,53 € festgesetzt. Dieser Betrag wurde sogleich an den Rechtsanwalt zur Auszahlung angewiesen. Hierbei hat sie abweichend von dessen Antrag die Verfahrensgebühr in Höhe von 112 € zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer in Abzug gebracht. Dieser Beschluss ist Rechtsanwalt XXX mit einer Rechtsmitte...