Die Klage ist nicht begründet, soweit die Klägerin die nach Nr. 2300 VV berechneten außergerichtlichen Anwaltskosten von 39,00 EUR von dem Beklagten als Verzugsschaden gem. §§ 280, 286, 249 ff. BGB ersetzt verlangt.
Die von der Klägerin gewählte Art der Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten mit zwei nach Nr. 2300 und Nr. 3100 VV vergütungspflichtigen Aufträgen verstößt gegen die aus § 254 BGB folgende Schadensminderungspflicht, weil nicht die kostengünstigste Möglichkeit der Beitreibung der Forderung gewählt wurde.
Wird zu demselben Gegenstand ein Klageauftrag erteilt, dienen vorprozessuale Aufforderungsschreiben des Rechtsanwaltes an den Schuldner der Vorbereitung der Klage und gehören deshalb gem. § 19 Abs. 1 RVG zum Rechtszug. Eine Gebühr nach Nr. 2300 VV entsteht nicht (OLG Hamm NJW-RR 2006, 242 f.; Gerold/Schmidt/von Eicken, RVG, 16. Aufl., § 19 RVG Rn 10). Wenn die Klägerin ihrem Prozessbevollmächtigten sogleich einen Klageauftrag erteilt hätte, wäre für das außergerichtliche Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten keine Gebühr nach Nr. 2300 VV angefallen.
Nach der Rspr. des BGH sind nicht alle durch das Schadensereignis verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten zu ersetzen. Die Anwendung der in § 254 BGB enthaltenen Regeln führt dazu, dass nur solche Aufwendungen des Gläubigers zu ersetzen sind, die aus der Sicht eines wirtschaftlich denkenden Menschen zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH NJW 1986, 2243 ff.). Der Geschädigte ist grundsätzlich gehalten, von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwenden Kosten beeinflussen kann (BGH NJW 2007, 2916, BGH NJW 2003, 2085 f., BGH NJW 2003, 2086 ff.). Unter mehreren Möglichkeiten, eine Forderung geltend zu machen, hat der Geschädigte die kostengünstigste zu wählen (vgl. BGH NJW 2006, 466 ff.).
§ 118 Abs. 2 S. 1 BRAGO sah die volle Anrechnung der für die außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwaltes entstandenen Gebühr auf die im anschließenden gerichtlichen Verfahren entstehende Gebühr vor. Unabhängig von der Art des dem Rechtsanwalt erteilten Auftrages entstanden durch die außergerichtliche Tätigkeit bei einem späteren Rechtsstreit über dieselbe Forderung keine höheren Rechtsverfolgungskosten. Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes entspricht dem adäquaten Kausalverlauf und verstößt in der Regel nicht gegen § 254 BGB (vgl. Palandt § 286 BGB Rn 47). Nach dem RVG kommt nunmehr aber bei der Beitreibung einer Forderung eine gestufte Beauftragung in Betracht, bei der die außergerichtliche Tätigkeit zusätzlich zu vergüten ist. Denn das RVG sieht nur noch eine anteilige Anrechnung der Gebühr nach Nr. 2300 VV für außergerichtliche Tätigkeit auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV vor. Die gestufte Beauftragung eines Rechtsanwaltes, bei der Gebühren nach Nrn. 2300 und 3100 VV entstehen, verstößt deshalb in der Regel gegen die Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB), weil stets höhere Rechtsverfolgungskosten als bei Erteilung eines unbedingten Klageauftrages entstehen.
Der Rechtsanwalt ist zu einer umfassenden Belehrung seines Auftraggebers verpflichtet. Er hat die Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziel zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern (vgl. BGH NJW 1991, 2079 ff.). Er muss über die günstigste Verfahrensgestaltung belehren und vorab klären, ob im Falle der Erfolglosigkeit außergerichtlicher Bemühungen Klage erhoben werden soll.
Die Klägerin ist also darüber aufgeklärt worden, dass bei der gestuften Beauftragung zusätzlich zu der für die außergerichtliche Tätigkeit zu zahlenden 1,3-fachen Geschäftsgebühr die aufgrund der Anrechnungsvorschrift auf das 0,65-fache verminderte Verfahrensgebühr für den späteren Rechtsstreit zu zahlen ist, während bei Erteilung eines unbedingten Klageauftrages die Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit von der 1,3-fachen Verfahrensgebühr erfasst worden wären. Ferner müsste mitgeteilt worden sein, dass sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV auf den 0,8-fachen Gebührensatz mindert, wenn der Beklagte auf die außergerichtliche Aufforderung vom 28.5.2008 gezahlt oder die Klägerin sich entschlossen hätte, den Auftrag vor Anrufung des Gerichts zu kündigen. Eine vergleichbare Minderung der Gebühr sieht Nr. 2300 VV nicht vor.
Wer einen Rechtsanwalt mit der Beitreibung einer Forderung beauftragt, will im Zweifel auch Klage erheben. Ein wirtschaftlich denkender Geschädigter rechnet mit der Insolvenz des Schuldners und will deshalb eine möglichst geringe Vergütung an den Rechtsanwalt zahlen. Wer wie hier für außergerichtliche Tätigkeit eine 1,3-Gebühr nach Nr. 2300 VV ausgibt, obwohl bei Erteilung eines Klageauftrages diese Tätigkeit neben der 1,3-Verfahrensgebühr nicht zu vergüten ist, verhält sich wirtschaftlich nicht vernünftig und löst Kosten aus, die nicht erforderlich sind.
Die Klägerin durfte auch sogleich einen Klageauftrag erteilen. De...