Ein halbes Jahr später hatte sich nun das OLG Oldenburg mit derselben Streitwertfrage zu befassen, was das BVerfG zum Anlass genommen hat, am 21.2.2007 gleich zwei seiner Beschlüsse, einmal v. 10.8.2006 und einmal v. 11.9.2006, aufzuheben. Den angefochtenen Entscheidungen lagen allerdings unterschiedliche Sachverhalte zu Grunde, da die Streitwertfestsetzung in Ehesachen bei beidseits bewilligter Prozesskostenhilfe einmal mit und einmal ohne Ratenzahlung betroffen war. Darüber hinaus war auch nicht die Festsetzung des Mindeststreitwerts Gegenstand der Entscheidung. In beiden Beschlüssen hatte das OLG Oldenburg vielmehr den Gegenstandswert der Ehesache auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
"Maßgeblich ist nicht das dreifache Nettoeinkommen der Parteien, wenn beiden Parteien aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt werden muss. Die Vermögens- und Einkommensverhältnisse sind nur ein Bemessungsfaktor. Da der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festgesetzt worden ist, widerspricht die Entscheidung auch nicht der Rspr. des BVerfG, das beanstandet hat, dass bei beidseits bewilligter Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung stets der Mindestwert festgesetzt wird."
Das sah das BVerfG anders: "Das OLG ist zur Festsetzung des Streitwerts in Höhe von 3.000,00 EUR nur deshalb gelangt, weil es dem Umstand der Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat, was daran deutlich geworden ist, dass es die Einkommensverhältnisse nur als Bemessungsfaktor qualifiziert hat. Deshalb vertritt es offensichtlich auch die Auffassung, es komme auf das dreifache Nettoeinkommen überhaupt nicht an."
Das OLG habe auch die Gründe der Entscheidung des BVerfG vom 23.8.2005 nicht verstanden, da danach nicht nur das Ergebnis der Festsetzung des Mindeststreitwerts, sondern jede erneute Berücksichtigung fiskalischer Interessen als Begründung für die Festsetzung eines geringeren Streitwerts als Verletzung der Berufsfreiheit eines Rechtsanwalts anzusehen sei.
In der weiteren Entscheidung des OLG Oldenburg war Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung bewilligt worden. Das OLG hatte den Streitwert wegen der Vermögens- und Einkommensverhältnisse unter Einbeziehung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere wegen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, auf 3.000,00 EUR festgesetzt. Das BVerfG hob am gleichen Tage auch diese Entscheidung auf: "Das OLG Oldenburg ist nur deshalb zu einer Festsetzung des Streitwerts auf 3.000,00 EUR gelangt, weil es auch der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat. Denn es hat darauf abgestellt, dass beiden Parteien Prozesskostenhilfe bewilligt worden war. Der Umstand, dass Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung bewilligt worden ist, spielt deshalb keine Rolle, weil gerade die von der Staatskasse vereinnahmten Ratenzahlungen nicht einmal die reduzierten Vergütungssätze im Einzelfall abdecken können. Selbst wenn sogar die Gebühren des § 13 RVG erreicht werden, genügt die Begründung des OLG Oldenburg in seinem Beschluss nicht den verfassungsrechtlichen Erfordernissen. Denn dann gibt es bereits keinen Gemeinwohlbelang, der die Absenkung der Anwaltsgebühren rechtfertigt."