"Gegen eine gerichtlich entschiedene Sache wird man nicht gehört." Diese Grundlagen römischen Rechts haben ihre Ausprägung in § 322 ZPO, der auch – und davon geht das OLG noch zutreffend aus – auf Beschlüsse im Kostenfestsetzungsverfahren Anwendung findet.
Die sich insoweit ergebende Bindungswirkung erstreckt sich aber nur auf das Geltendgemachte: Im Kostenfestsetzungsverfahren heißt dies: Geld! Festgesetzt wird nicht etwa eine Verfahrensgebühr oder eine Terminsgebühr oder sonstige Tatbestände, für die das RVG Grundlagen herzuhalten bestrebt ist. Jedenfalls war dies bisher in einem Kostenfestsetzungsbeschluss so nicht zu lesen. Für das OLG war Gegenstand des Kostenfestsetzungsbeschlusses die anwaltliche Verfahrensgebühr. Wie mag dieser Beschluss ausgesehen haben? "Die dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf eine gekürzte Verfahrensgebühr festgesetzt?" Diese sicher von Ironie getragene Fragestellung offenbart aber letztendlich den Fehler der Entscheidung:
Der Kläger hatte die Gebühren gemäß einer 0,65-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG geltend gemacht. In Geld: Er wollte 318,68 EUR festgesetzt wissen. Im Wege der Nachliquidation verlangt er, nachdem der Kostenfestsetzungsbeschluss über die beanspruchten 318,68 EUR rechtskräftig geworden war, nach Inkrafttreten des § 15a RVG weitere, und zwar andere 318,68 EUR. Dies will das OLG als unzulässig ansehen als Folge der materiellen Rechtskraft, obgleich das LG offensichtlich über den mit der Nachfestsetzung geltend gemachten Teil der entstandenen Kosten gar nicht entschieden hatte.
Trost und einzige Unterstützung für seine falsche Auffassung sucht und findet das OLG in einer ebenfalls unzutreffenden und unter Verkennung der Grenzen der Rechtskraftwirkung ergangenen Entscheidung des BGH zur Nachfestsetzung von Zinsen. Im Übrigen wird das OLG in Rspr. u. Lit. Literatur keine Zustimmung für seine zu korrigierende Vorgehensweise finden. Denn es entspricht bereits allgemeiner Auffassung, dass einer Geltendmachung zunächst nicht verlangter Kosten die Rechtskraft eines bereits ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht entgegenstehen kann.
Lediglich dann, wenn die Verfahrensgebühr unvermindert angemeldet und Absetzungen vorgenommen worden sind, steht einer Nachliquidation der ungekürzten Verfahrensgebühr trotz Inkrafttretens des § 15a RVG und seiner Anwendung auf "Altfälle" die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses entgegen. Dies ist unstreitig und auch richtig. Denn dann würde nicht nur über einen Teil, sondern vielmehr über einen Betrag in Höhe von 637,36 EUR (2 x 318,68 EUR) entschieden. Etwas anderes gilt nur für Verfahren auf Festesetzung der PKH/VKH-Vergütung nach § 55 RVG. Die Erinnerung gegen Festsetzungsbeschüsse nach § 55 RVG ist nicht fristgebunden, so dass ein wie auch immer geartetes Rechtskraftargument hier nicht greift.
Eine Nachfestsetzung im Kostenfestsetzungsverharen nach den §§ 104 ff. ZPO kommt immer dann in Betracht, wenn nur die um die Anrechnung der Geschäftsgebühr gekürzte Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht worden ist. Denn in diesem Fall kann die Rechtskraft nur den angemeldeten Anspruch betreffen und folgerichtig auch nur insoweit Wirkung entfalten. Anderenfalls würden die Grenzen der Rechtskraft in nicht zulässiger Art und Weise verschoben. Daran ändert auch eine aus seiner Sicht für das OLG sprechende Entscheidung des BGH nichts.
Mit § 15a Abs. 2 RVG hat die Entscheidung des OLG nur mittelbar etwas zu tun. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass Gebühren, die im Innenverhältnis des Mandanten zum Anwalt nicht geschuldet sind, auch vom Dritten nicht erstattet verlangt werden können.