RVG VV Nr. 1000; BGB § 158
Leitsatz
Eine Einigungsgebühr entsteht bei Abschluss eines Vergleichs unter der Bedingung, dass für den Fall der Leistung des Unterhaltsrückstandes innerhalb der vereinbarten Frist (zeitweilig) von der Geltendmachung eines höheren Unterhaltsanspruchs abgesehen wird, auch beim Ausbleiben des Bedingungseintritts.
KG, Beschl. v. 8.5.2019 – 19 WF 14/19
1 Sachverhalt
Der Antragsteller hatte sich vor dem FamG gegen die in einer notariellen Urkunde titulierte Verpflichtung zur Unterhaltszahlung gewandt. Die Beteiligten haben sodann einen Vergleich geschlossen, wonach sich der Antragsteller verpflichtet hat, einen bestimmten Unterhaltsrückstand bis zum 31.12.2016 zu zahlen. Des Weiteren war vereinbart, dass die Antragsgegner im Falle einer pünktlichen Zahlung auf ihre darüber hinausgehenden Rechte aus der notariellen Urkunde verzichten. Der Antragsteller hat die Zahlung der Unterhaltsrückstände im Folgenden nicht erbracht. Im Kostenfestsetzungsverfahren beantragten die Antragsgegner die Festsetzung ihrer Vergütung gegen den Antragsteller, darunter auch eine 1,0-Einigungsgebühr. Die Rechtspflegerin hat die Einigungsgebühr abgesetzt. Sie war der Auffassung, der Vergleich sei unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen worden, nämlich unter der Bedingung, dass Zahlung bis zum 31.12.2016 erfolgte. Diese Zahlung sei nicht erbracht worden. Damit sei die auflösende Bedingung eingetreten und der Vergleich folglich nicht zustande gekommen. Mangels eines wirksamen Vergleichs könne dann aber auch keine Einigungsgebühr angesetzt werden. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die nach §§ 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO, § 113 Abs. 1 FamFG zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat in der Sache Erfolg.
Die Rechtspflegerin hat zu Unrecht die beantragte Festsetzung einer Einigungsgebühr abgelehnt. Der Vergleich ist unter der Bedingung geschlossen worden, dass der Antragsteller/Beschwerdegegner seine unter Ziffer 1) und 2) des Vergleichs vereinbarte Zahlungsverpflichtung betreffend den (rückständigen) Kindesunterhaltes ordnungsgemäß erfüllt. Für den Fall der ordnungsgemäßen Erfüllung haben die Antragsgegner bzw. die gesetzliche Vertreterin ihrerseits erklärt, auf höheren Kindesunterhalt bis einschließlich 31.12.2016 und die darüber hinausgehenden Rechte aus der notariellen Urkunde v. 7.11.2012 zu verzichten. Es handelt sich danach um eine auflösende Bedingung i.S.d. § 158 Abs. 2 BGB. Ob die gesetzte Bedingung eine aufschiebende oder eine auflösende sein soll, steht in der Entscheidung dessen, der das bedingte Rechtsgeschäft vornimmt. Es besteht nach keine Rechtsvermutung und auch keine Auslegungsregel zugunsten einer der beiden Arten (s. Herrler, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2015, § 158 Rn 4). Die Gegenmeinung (Armbrüster, in: Erman, BGB, 15. Aufl., § 158 Rn 1), die davon ausgeht, dass im Zweifel wegen der geringeren Bindungswirkung eine aufschiebende Bedingung anzunehmen sei, ist nur für die ausdrücklich geregelten Fälle der §§ 449, 454 BGB zutreffend. Letztlich kann hier aber dahinstehen, welcher Ansicht der Vorzug zu geben ist. Unter Würdigung der in der vorliegenden Sache gegebenen Umstände ist von einer auflösenden Bedingung auszugehen. Nach dem Willen der Beteiligten sollten die sich aus dem Vergleich ergebenden Rechtswirkungen hinsichtlich der Höhe des vom Antragsgegner geschuldeten Unterhalts unmittelbar und nicht erst künftig, d.h. bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Zahlungen durch den Antragsgegner, eintreten. Die von den Beteiligten getroffene Vereinbarung entspricht der Sache nach einer Verfallsklausel in einem Vergleich, in der der Verzicht auf einen Teil der unter der Bedingung pünktlicher Erbringung der versprochenen Teilleistungen vereinbart wird. In derartigen Verfallsklauseln ist in der Regel eine auflösende Bedingung i.S.d. § 158 Abs. 2 BGB zu sehen (s. BGH, Urt. v. 19.12.1979 – VIII ZR 46/79, NJW 1980, 1043; BGH, Urt. v. 8.7.1981 – VIII ZR 247/80, NJW 1981, 2686; Westermann, in: MüKo-BGB, 8. Aufl., § 158 Rn 12).
Die Einigungsgebühr entsteht bei einem Vergleich unter einer auflösenden Bedingung anders als bei einem Vergleich unter einer aufschiebenden Bedingung sofort und entfällt auch nicht, wenn die auflösende Bedingung, wie hier durch die nicht vereinbarungsgemäße Erfüllung durch den Antragsteller der Fall, nachträglich eintritt (arg. VV 1000 Abs. 3; s. ferner Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 23. Aufl., VV 1000 Rn 84/85). Die in der Lit. vertretene Gegenansicht (s. Hartmann, KostG, 48. Aufl., 1000 VV Rn 14) nach der eine Einigungsgebühr auch bei einem unter einer auflösenden Bedingung, deren Eintritt vom Willen beider oder nur eines Partners abhänge, erst dann entstehe, wenn endgültig feststehe, dass die auflösende Bedingung nicht eintrete, überzeugt nicht. Wenn der Gesetzgeber die Entstehung der Einigungsgebühr ausdrücklich nur bei einer aufschiebenden Bedingung und einem Widerrufsvorbehalt auf einen späteren Zeitpunkt hinausschiebt, so bedeutet das, dass in allen anderen Fällen die...