RVG VV Nr. 3104; ZPO § 341
Leitsatz
Verwirft das Prozessgericht den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil als unzulässig ohne mündliche Verhandlung, entsteht weder eine (weitere) Terminsgebühr noch erhöht sich die bisherige Terminsgebühr für das Versäumnisurteil.
OLG Köln, Beschl. v. 12.12.2018 – 17 W 208/18
1 Sachverhalt
Nach Eingang der Klageschrift ordnete das LG das schriftliche Vorverfahren gem. § 276 ZPO an. Da der Beklagte keine Verteidigungsbereitschaft anzeigte, erging antragsgemäß Versäumnisurteil ohne mündliche Verhandlung, § 331 Abs. 3 ZPO. Gegen dieses wandte sich der nicht anwaltlich, §§ 340 Abs. 1, 78 ZPO, vertretene Beklagte persönlich unter Nichteinhaltung der Notfrist von zwei Wochen, § 339 Abs. 1 ZPO. Ohne mündliche Verhandlung verwarf das LG den Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil als unzulässig, § 341 ZPO.
Zur Festsetzung angemeldet hat die vorsteuerabzugsberechtigte Klägerin u.a. eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV i.H.v. 424,80 EUR. Die Rechtspflegerin hat die Kostenfestsetzung antragsgemäß durchgeführt. Hiergegen richtet sich der Beklagte mit seiner in der Sache selbst ohne Begründung gebliebenen sofortigen Beschwerde. Dieser hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch i.Ü. unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst teilweise Erfolg.
Die Festsetzung durch die Rechtspflegerin ist rechtsfehlerhaft erfolgt, soweit sie eine 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV als erstattungsfähig angesehen hat. Angefallen und zu erstatten ist lediglich eine 0,5-Terminsgebühr gem. Nr. 3105 VV i.H.v. 177,00 EUR, insgesamt mithin nur 657,20 EUR.
1. Gem. Nr. 3105 Abs. 2 VV fällt eine Terminsgebühr i.H.v. 0,5 auch dann an, wenn eine Entscheidung gem. § 331 Abs. 3 ZPO ergeht, d.h. ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren ohne mündliche Verhandlung, weil der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft nicht angezeigt hat.
2. Der Fall, dass das Gericht nach Einspruch gegen das Versäumnisurteil diesen ohne mündliche Verhandlung gem. § 341 als unzulässig verwirft, ist gebührenrechtlich nicht geregelt. Das Entstehen einer 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV kommt in Betracht, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ohne eine solche entschieden wird. Für die vorliegende Fallkonstellation, nämlich dass der Einspruch gegen das Versäumnisurteil unzulässig ist, sieht das Gesetz aber ausdrücklich in § 341 Abs. 2 ZPO die Möglichkeit vor, dass das Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Dies hat zur Konsequenz, dass Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht einschlägig ist, sodass es bei der Terminsgebühr i.H.v. 0,5 gem. Nr. 3105 VV zu verbleiben hat (OLG Koblenz JurBüro 2011, 590 [= AGS 2011, 482]; LG Berlin RVGreport 2006, 347; AG Ansbach AGS 2006, 544; Hartmann, KostG, 48. Aufl., Nr. 3104 VV Rn 16; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 341 Rn 14; Onderka/N. Schneider, in: N. Schneider/Wolf, RVG, 8. Aufl., Nr. 3104 VV Rn 54; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., Nr. 3104 VV Rn 21).
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend.
Vorbem. 3 Abs. 3 VV regelt als Ausgangstatbestand die Voraussetzungen für die Entstehung der Terminsgebühr. Danach entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Die Gebühr für außergerichtliche Termine und Besprechungen entsteht für die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins und die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber.
Etwas anderes i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV ist in Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV für die Fälle bestimmt, in denen der Rechtsanwalt weder einen gerichtlichen noch einen außergerichtlichen Termin wahrnimmt noch an einer Besprechung zur Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens mitwirkt. Die Terminsgebühr kann dann auch entstehen, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten oder gem. § 307 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird.
Gem. § 128 Abs. 1 ZPO verhandeln die Parteien im Zivilprozess vor dem erkennenden Gericht mündlich. Dieser mündlichen Verhandlung bedarf es aber gem. § 341 Abs. 2 ZPO nicht für ein Urteil, durch das das Gericht den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil als unzulässig verwirft.
Auch die Voraussetzungen für eine 0,5 Terminsgebühr Nr. 3105 VV liegen nicht vor. Zum einen hat der Rechtsanwalt schon keinen gerichtlichen Termin i.S.v. Nr. 3105 VV wahrgenommen. Zum anderen (Abs. 1 der Anm. zu Nr. 3105 VV) hat das Gericht bei Säumnis auch nicht lediglich eine Entscheidung zur Prozess-, Verfahrens- ...