VwGO §§ 165, 151; RVG VV Nrn. 7003 ff.
Leitsatz
Bei der Berechnung des Abwesenheitsgeldes nach Nr. 7005 VV ist neben der Fahrzeit und der Zeit für die Terminswahrnehmung auch ein weiterer Zeitpuffer für etwaige Verzögerungen und Parkplatzsuche sowie den Weg zu Gericht zu berücksichtigen.
VG Würzburg, Beschl. v. 3.1.2020 – W 7 M 19.32026
1 Sachverhalt
Nach erfolgreichem Abschluss des Verfahrens beantragten die Kläger die ihnen entstandenen Anwaltskosten gegen die Beklagte festzusetzen, darunter auch die Reisekosten ihres Anwalts. Im Rahmen der Reisekosten meldeten sie ein Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 Nr. 2 VV i.H.v. 40,00 EUR an und begründeten dies damit, dass der Rechtsanwalt in Folge der Terminswahrnehmung mehr als vier Stunden kanzleiabwesend gewesen sei. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle war der Auffassung, dass die Terminswahrnehmung einschließlich An- und Rückreise innerhalb eines Zeitraums von weniger als vier Stunden zu bewerkstelligen gewesen wäre und hat nur ein Abwesenheitsgeld i.H.v. 25,00 EUR (Nr. 7005 Nr. 1 VV) festgesetzt. Die hiergegen erhobene Erinnerung hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Das Gericht entscheidet über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss in der Besetzung, in der die zugrunde liegende Kostenentscheidung getroffen wurde (Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl., 2019, § 165 Rn 7), im vorliegenden Verfahren also durch die Einzelrichterin.
Die erhobene Erinnerung ist zulässig (§§ 165, 151 VwGO) und teilweise begründet.
1. Die Erinnerung hat insofern keinen Erfolg als Fahrtkosten für eine Strecke von insgesamt 238 km zu je 0,30 EUR geltend gemacht werden. Wie der Urkundsbeamte in seiner Stellungnahme ausführt, beträgt die einfache Fahrstrecke zwischen Gericht und Kanzlei der Klägerbevollmächtigten 107 bis 110 km. Im Schriftsatz führt die Klägerbevollmächtigte aus, dass in einem Parallelverfahren von einer Fahrtstrecke von 108 km ausgegangen worden sei und deshalb ihr die Fahrtkosten für diese Fahrtstrecke zuzusprechen seien. Es ist somit nichts dafür ersichtlich, wie eine (einfache) Fahrtstrecke von 119 km zustande kommen soll. Der Urkundsbeamte hat im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss zudem die Fahrtkosten für eine Entfernung von 220 km (also 110 km einfach) festgesetzt, was der Entfernung der Kanzlei vom Gericht entspricht. Es ist daher nicht entscheidungserheblich, ob der Urkundsbeamte zu Recht die fiktive Entfernung nach ... zugrunde gelegt hat oder ob das Vertrauensverhältnis zwischen Klägerbevollmächtigter und Klägern ein derartiges war, dass die tatsächliche Entfernung der Kanzlei der Klägerbevollmächtigten und Gericht zugrunde zu legen gewesen wäre, da sich insofern hinsichtlich der Entfernung kein Unterschied ergibt.
2. Die Erinnerung hat jedoch insofern Erfolg, als ein Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 Nr. 2 VV i.H.v. 40,00 EUR anstelle von 25,00 EUR festzusetzen ist, da die Abwesenheit der Klägerbevollmächtigten einen Zeitraum von über vier Stunden (bis 8 Stunden) in Anspruch nahm. Selbst wenn man von einer reinen Fahrtzeit von nur knapp über eineinviertel Stunden ausgeht, ist einem Bevollmächtigten darüber hinaus ein gewisser Puffer für etwaige Verzögerungen sowie die Parkplatzsuche und den Weg zum Gericht zuzubilligen. Im Hinblick auf die auf 10:45 Uhr angesetzte Verhandlung ist somit eine Abfahrt um 9:00 Uhr bzw. kurz nach diesem Zeitpunkt nicht zu beanstanden; das tatsächliche Ende der mündlichen Verhandlung war laut Protokoll um 11:45 Uhr. Unter Berücksichtigung eines Zeitraums von ca. einer Viertelstunde für ein kurzes Gespräch mit den Klägern sowie dem Weg zum Parkhaus einschließlich Bezahlen des Parktickets ist von einer Abfahrt aus Würzburg um ca. 12:00 Uhr auszugehen. Selbst bei optimalen Bedingungen, also einer Fahrtzeit von ca. einer Stunde und 20 Minuten, ist damit der Zeitraum von vier Stunden überschritten; nach Angaben der Klägerbevollmächtigten war diese tatsächlich erst um 13:37 Uhr wieder in ihrer Kanzlei. Das Abwesenheitsgeld ist daher auf 40,00 EUR (zzgl. 19 % USt) festzusetzen.
3. Hinsichtlich der Parkgebühren wurde von der Klägerbevollmächtigten eingeräumt, dass in diesen schon die Umsatzsteuer enthalten ist, so dass diese nicht nochmals angesetzt werden kann.
3 Anmerkung
Immer wieder stellen Urkundsbeamte und Rechtspfleger bei der Überprüfung der Abwesenheitspauschale auf die reine Fahrtzeit ab. Es entspricht jedoch einhelliger Rspr., dass diese Betrachtung zu kurz greift.
Zum einen ist die gesamte Fahrtzeit vom Verlassen der Kanzlei bzw. Wohnung bis zum Wiederbetreten miteinzubeziehen.
Abgesehen davon fährt ein gewissenhafter Prozessbevollmächtigter nicht erst so spät vom Büro los, dass er auf die Minute pünktlich am Sitzungssaal ankommt und daher bei eventuellen Unvorhersehbarkeiten wie z.B. Stau oder Umleitungen nicht mehr rechtzeitig bei Gericht eintreffen würde. Ein Anwalt darf zwar die Reise nicht unnötig in die Länge ziehen; er baut jedoch einen Sicherheitspuffer ein, dessen Höhe von der Entfernung und den örtlichen Verkehrsverhältnissen abhängt.
Darüber hinaus übersehen Urkund...