1. Gegenstandswert der Anfechtung eines Leasingvertrages
Die Entscheidung des Gerichts ist zutreffend.
Bereits in den ersten Semestern weist die Lehre darauf hin, dass es sich bei Leasingverträgen um die mietähnliche Ausgestaltung der Gebrauchsüberlassung einer Sache handelt. An einem Leasingvertrag sind jedoch regelmäßig 3 Parteien beteiligt, der Leasingnehmer, der Leasinggeber und ein Dritter, der regelmäßig der Hersteller/Verkäufer des Leasinggutes ist (hier ein Pkw). Jedoch können dies auch sehr teure Computer, Flugzeuge oder ganze Wirtschaftsanlagen sein.
Ein Blick in den Streitwertkommentar von Schneider/Herget/N. Schneider/Kurpat (14. Aufl., 2016, Stichwort Leasingvertrag, Rn 3485) führt zu demselben Ergebnis: Steht der Bestand des Leasingvertrages in Frage, so richtet sich der Streitwert nach § 41 Abs. 1 GKG.
Zurecht weist das Gericht auf die Entscheidung des BGH v. 16.8.2014 (VIII ZR 335/13, Rn 18) hin, in der der BGH ausdrücklich in Anwendung des § 41 Abs. 1 GKG den Streitwert mit dem Jahresbetrag des vereinbarten Leasingentgelts bemessen hatte. Außerdem wird auf die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 24.4.2017 (6 U 146/16) hingewiesen.
2. Prüfungspflichten des Rechtsanwalts
a) Unterschiedliche Vertragstypen
Es ist erschreckend, wie viele von einem Kaufvertrag sprechen, obwohl ein Leasingvertrag geschlossen wurde. Vielleicht liegt das daran, dass der Leasingnehmer sich naturgemäß bei einem Pkw-Leasing "sein" Fahrzeug beim "Händler" zusammenstellt und es dann nach seinen Wünschen "konfiguriert und bestellt" wird.
Für den Streitwert ist es jedoch von großer Bedeutung, ob es sich um einen Leasingvertrag oder um einen Kaufvertrag handelt.
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Widerruf/Anfechtung/Rückabwicklung eines Pkw-Leasingvertrages: Streitwert nach § 41 GKG – Jahresbetrag der Leasingraten; |
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Widerruf/Anfechtung/Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrages: Streitwert nach §§ 3–6 ZPO – Kaufpreisrückforderung unter Abzug von Vermögensvorteilen wie z.B. Nutzungen. |
Der Streitwert der entsprechenden Rechte kann daher ganz erheblich voneinander abweichen, insbesondere dann, wenn am Anfang keine oder nur eine kleine Sonderzahlung im Leasingvertrag geregelt ist. Eine (zukünftige, noch nicht erbrachte) Sonderzahlung am Ende des Leasingvertrages wird gänzlich nicht berücksichtigt.
Da die Streitwerte so erheblich voneinander abweichen, muss der Anwalt den Mandanten belehren, welche Rechte in Anspruch genommen werden können und sollen. Nicht selten werden "Rechte aus dem Kaufvertrag" – wie z.B. Gewährleistungsrechte –, die eigentlich nur zwischen dem "Hersteller" und dem "Leasinggeber" bestehen, an den Leasingnehmer abgetreten.
b) Prüfungspflichten
Bei dieser Konstellation muss der Anwalt prüfen, welcher Weg der für seinen Mandanten kostengünstigere Weg ist. Grds. hat der Anwalt nach der einhelligen Auffassung des BGH, wenn mehrere Wege für die Durchsetzung der Ansprüche des Mandanten zur Verfügung stehen, den sichersten und insbesondere kostengünstigsten Weg zu wählen (z.B. BGH v. 10.7.2012 – VI ZB 7/12, AGS 2012, 493 = RVGreport 2012, 351 [Hansens] = zfs 2012, 524 m. Anm. Hansens: nur notwendige Kosten auslösen, sparsame Prozessführung, bei mehreren Möglichkeiten die kostengünstigere auszuwählen). Ein Rechtsanwalt, der aus dem an dem Mandanten abgetretenen Recht aus dem Kaufvertrag anstelle des Rechts aus dem Leasingvertrag vorgeht, läuft daher (ohne Belehrung über die höheren Kosten und wenn keine besonderen gegenläufigen Gründe vorliegen) Gefahr, nicht nur auf sein Honorar verzichten zu müssen sondern auch noch die Mehrkosten aufgrund des höheren Streitwertes zu tragen.
Hans-Willi Scharder, Mönchengladbach
AGS 6/2021, S. 278 - 280