1. Zeittakt-Klausel
Das LG Karlsruhe ist, soweit ersichtlich, das erste Gericht, dass sich nach der viel beachteten und lang erwarteten Entscheidung des BGH (Urt. v. 13.2.2020 – IX ZR 140/19, AGS 2020, 161 m. Anm. Schons) erneut mit der Zulässigkeit einer Zeittaktklausel bei Zeithonorarvereinbarungen befasst. Der BGH hatte mit umfassender Begründung entschieden, dass die formularmäßige Vereinbarung eines Zeithonorars, welche den Rechtsanwalt berechtigt, für angefangene 15 Minuten jeweils ein Viertel des Stundensatzes zu berechnen, den Mandanten jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Allerdings hatte er auch festgestellt, dass es durchaus gute Gründe für eine Abrechnung nach Zeittakten gebe. Offen geblieben ist jedoch, welche Anforderungen dabei gelten und welcher Zeittakt noch zulässig wäre. Das LG Karlsruhe hat nun einen 5-Minuten-Zeittakt als unproblematisch angesehen.
Eine gewisse Unsicherheit bleibt aber. Auch wenn bereits in der früheren Rspr. und gleichermaßen in der Lit. ein entsprechend kurzer Zeittakt von 5 oder 6 Minuten als unproblematisch angesehen wird, eine höchstrichterliche Entscheidung steht noch aus. Der sicherste Weg ist daher nach wie vor die minutengenaue Abrechnung.
2. Reisezeit
Wird keine konkrete eindeutige Regelung zur Vergütung der Reisezeit getroffen, droht dem Rechtsanwalt die Gefahr, leer auszugehen. Dies gilt selbstverständlich nur dann, sofern die Reisezeit nicht tatsächlich zur Mandatsbearbeitung genutzt wird. Nach dem RVG kann Reisezeit ausschließlich im Rahmen der Auslagen über das Tage- und Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 VV abgegolten werden. Das LG hat deutlich gemacht, dass die Reisezeit ohne explizite Regelung nicht einfach wie anwaltliche Tätigkeit abgerechnet werden kann. Soll daher auch eine Berücksichtigung von Reisezeiten erfolgen, muss die Honorarvereinbarung diesbezüglich eine ausdrückliche und eindeutige Regelung vorsehen. Denkbar ist hier die Vereinbarung eines gesonderten Stundensatzes oder die Abrechnung einer Pauschale entsprechend Nr. 7005 VV.
3. Konkrete Darlegung des Zeitaufwands
Der Rechtsanwalt ist für den Umfang der abrechenbaren Tätigkeit darlegungs- und beweisbelastet. Leider wird dem in der Praxis oft zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Werden die abgerechneten Stunden nicht hinreichend dargelegt oder sind im Umfang nicht plausibel, zögern die Gerichte nicht, eine strenge Kürzung vorzunehmen und die Angemessenheit von Bearbeitungszeiten selbst einzuschätzen.
Der BGH hat in seiner Entscheidung zur Zeittaktklausel auch die Anforderungen an die Darlegungslast noch einmal hervorgehoben (Urt. v. 13.2.2020 – IX ZR 140/19, AGS 2020, 161 m. Anm. Schons = RVGreport 2020, 211). Eine schlüssige Darlegung der geltend gemachten Stunden erfordert, dass über pauschale Angaben hinaus die während des abgerechneten Zeitraums getroffenen Maßnahmen konkret und in nachprüfbarer Weise dargelegt werden. Eine nähere Substantiierung sei unverzichtbar, weil die für die Bearbeitung des Mandats aufgewandte Arbeitszeit tatsächlich kaum kontrolliert werden kann. Insoweit ist etwa anzugeben,
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welche Akten und Schriftstücke durchgesehen wurden, |
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welcher Schriftsatz vorbereitet oder verfasst wurde, |
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zu welcher Rechts- oder Tatfrage welche Literaturrecherchen angestellt oder |
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zu welchem Thema mit welchem Gesprächspartner wann eine fernmündliche Unterredung geführt wurde. |
Nicht genügend sind allgemeine Hinweise auf Aktenbearbeitung, Literaturrecherche und Telefongespräche, weil sie jedenfalls bei wiederholter Verwendung inhaltsleer sind und ohne die Möglichkeit einer wirklichen Kontrolle geradezu beliebig ausgeweitet werden können (vgl. auch BGH, Urt. v. 4.2.2010 – IX ZR 18/09, AGS 2010, 267 m. Anm. Schons). Grds. gilt der Maßstab des § 286 ZPO.
Zu prüfen ist nach dem BGH (a.a.O.; Rn 37 ff.) außerdem, ob die nachgewiesenen Stunden in einem angemessenen Verhältnis zu Umfang und Schwierigkeiten der Sache stehen. Damit soll einer unvertretbaren Aufblähung der für die Sache aufzuwendenden Arbeitszeit zum Nachteil des Mandanten vorgebeugt werden. Der zu vergütende zeitliche Aufwand darf nicht außer Verhältnis zu Schwierigkeit, Umfang und Dauer der zu bearbeitenden Angelegenheit stehen. Schaltet der Mandant etwa einen Spezialisten ein, dürfe er grds. davon ausgehen, dass die Sache innerhalb eines üblichen Zeitrahmens erledigt wird, wenn es sich um einen Routinefall und nicht um einen besonders gelagerten, komplexen und unübersichtlichen Einzelfall handelt.
4. Fazit
Die Entscheidung zeigt wieder einmal die Stolperfallen bei der Abrechnung auf Grundlage einer Zeithonorarvereinbarung auf. Eine Vergütungsvereinbarung unterliegt in aller Regel als einseitig gestellte, vorformulierte Vertragsbedingung den strengen Regelungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. §§ 305 ff. BGB. Klauseln sollten daher immer daraufhin überprüft werden, ob sie zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Verbrauchers führen könnten und sind au...