Der Entscheidung des OLG Braunschweig ist bei dem gegebenen Sachverhalt zuzustimmen. Der Anfall der Verfahrensgebühr setzt – wie es regelmäßig bei der Vergütung in einem gerichtlichen Verfahren der Fall ist – voraus, dass dem Rechtsanwalt ein entsprechender Auftrag für das betreffende Verfahren (hier: Erbscheins-Beschwerdeverfahren) erteilt worden ist und er eine entsprechende Tätigkeit entfaltet hat.
1. Besonderer Auftrag
In einem früheren Aufsatz (MDR 2001, 130, 131) hat N. Schneider die Auffassung vertreten, ein solcher besonderer Auftrag für das Beschwerdeverfahren müsse gesondert vorgetragen werden. Der BGH geht demgegenüber davon aus, dass im Regelfall von einem solchen Auftrag für die Beschwerdeinstanz ausgegangen werden kann, wenn der Rechtsanwalt die betreffende Partei bereits im Hauptsacheverfahren vertreten hat (BGH RVGreport 2005, 275 [Hansens] = AGS 2005, 413 für die Beschwerde bei der Richterablehnung; BGH RVGreport 2019, 21 [Ders.] = AGS 2018, 576) für die Beschwerde bei der Ablehnung eines Sachverständigen. Vorliegend ging es allerdings nicht – wie in den Fällen des BGH – um eine Beschwerde betreffend eine "Nebensache", sondern um die Beschwerde gegen die Feststellung des Nachlassgerichts nach § 352e FamFG. War somit der Rechtsanwalt des Antragstellers auch im erstinstanzlichen Verfahren tätig, musste ein Auftrag für das Beschwerdeverfahren nicht gesondert vorgetragen und glaubhaft gemacht werden. Ansonsten hätte der gesonderte Auftrag für das Beschwerdeverfahren im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 85 FamFG i.V.m. § 104 Abs. 2 ZPO dargetan und im Streitfall glaubhaft gemacht werden müssen.
2. Tätigkeit des Rechtsanwalts
Jede in Teil 3 VV geregelte Verfahrensgebühr entsteht nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Die bloße Entgegennahme der vom Gericht mitgeteilten Beschwerdeschrift löst gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG die Verfahrensgebühr noch nicht aus. Auch die Prüfung der Beschwerdeschrift dahin, ob der Rechtsanwalt des Beschwerdegegners (hier des Antragstellers) für seinen Mandanten etwas zu veranlassen hat, genügt für den Anfall der vollen Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV nicht. Dies gilt lediglich für die hier nicht einschlägige Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV, die unabhängig vom Umfang der anwaltlichen Tätigkeit mit einem Gebührensatz von 0,5 anfällt (s. BGH RVGreport 2005, 275 [Hansens] = AGS 2005, 413; BGH RVGreport 2019, 21 [Ders.] = AGS 2018, 576; OLG Rostock RVGreport 2006, 308 [Ders.]; s. auch OLG Frankfurt RVGreport 2019, 142 [Ders.] = AGS 2019, 150).
Folglich fällt die 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV an, wenn der Rechtsanwalt über die Entgegennahme der Beschwerdeschrift hinaus irgendeine Tätigkeit ausgeübt hat. Es ist somit nicht erforderlich, dass der Rechtsanwalt einen Schriftsatz eingereicht hat (s. OLG Koblenz RVGreport 2016, 182 [Hansens] = AGS 2016, 102).
Damit dürfte es für den Anfall der 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV im Erbscheins-Beschwerdeverfahren nicht genügen – wie es das OLG Köln, a.a.O. angenommen hat und wie es auch beim OLG Braunschweig hier anklingt –, wenn der Rechtsanwalt lediglich die gegnerische Beschwerdeschrift überprüft. Entscheidend war dies im Fall des OLG Braunschweig hingegen nicht, weil der Rechtsanwalt des Antragstellers und Beschwerdegegners einen Schriftsatz mit einem Sachantrag beim Gericht eingereicht hat.
3. Exkurs: Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts des Beschwerdeführers
Welche Verfahrensgebühr dem Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers angefallen ist, war nicht Gegenstand der Entscheidung des OLG Braunschweig. Auch hier ist zunächst darauf abzustellen, ob der Rechtsanwalt lediglich eine eingeschränkte Tätigkeit i.S.v. Abs. 2 Nr. 2 der Anm. zu Nr. 3200 VV ausgeübt hat. Dies wäre der Fall, wenn der Rechtsanwalt lediglich die Beschwerde eingelegt und begründet und die Rechtsmittelentscheidung des OLG Braunschweig entgegengenommen hätte. Hier hat der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers jedoch eine darüber hinaus gehende weitergehende Tätigkeit entfaltet. Er hat nämlich – wovon sachverhaltsnah auszugehen ist – die Beschwerdeerwiderung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers entgegengenommen und seinerseits geprüft, ob etwas daraufhin zu veranlassen ist. Möglicherweise hat er sogar zu der Beschwerdeerwiderung schriftsätzlich Stellung genommen. Somit liegt für den Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers keine eingeschränkte Tätigkeit vor, sodass er die 1,6-Verfahrensgebühr verdient hat.
Mit der ermäßigten Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV muss sich der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers in einem Erbscheins-Beschwerdeverfahren nur dann begnügen, wenn es bei einem einseitigen Beschwerdeverfahren bleibt und das Gericht nach Einlegung und Begründung der Beschwerde unmittelbar entscheidet. Bleibt es hingegen nicht bei einem einseitigen Beschwerdeverfahren und muss sich der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers mit einem weiteren Sachvortrag auseinandersetz...