1. Gesetzliche Grundlagen

Gem. § 162 Abs. 1 VwGO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten neben den hier nicht interessierenden Gerichtskosten auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Gem. § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig.

2. Kostenminderungspflicht

Aus dem prozessrechtlichen Verhältnis folgt grds. die Verpflichtung der erstattungsberechtigten Partei, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, soweit sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt (BVerwG AGS 2020, 51 = RVGreport 2019, 388 [Hansens] = zfs 2019, 585: Keine Verpflichtung des Prozessbevollmächtigten, Bahnfahrten unter Benutzung des Flex-Preis-Tarifs zu unternehmen; s. auch Hansens, ZAP 2020, 219 ff.).

Nach Auffassung des VG Schleswig ist dem Kläger hier ein solcher Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht infolge des Anwaltswechsels nicht vorzuwerfen. Ein solcher Verstoß folge auch nicht aus der von der Beklagten angeführten Regelung des § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO, der im Verwaltungsstreitverfahren gem. § 173 S. 1 VwGO entsprechend anwendbar ist. Nach dieser Vorschrift sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste.

Nach Auffassung des VG Schleswig liegen die Voraussetzungen dieser Vorschrift hier nicht vor. § 91 Abs. 2 S. 2 erster Fall ZPO sei bereits tatbestandlich nicht anwendbar. Der Kläger begehre nämlich nicht die Festsetzung der Kosten mehrerer Rechtsanwälte, sondern lediglich die Kosten ihres im Rubrum der Kostengrundentscheidung bezeichneten Prozessbevollmächtigten (Rechtsanwalt Y).

Nach den weiteren Ausführungen des VG folgt etwas anderes auch nicht aus der Bestimmung des § 91 Abs. 2 S. 2 zweiter Fall ZPO, der den Anwaltswechsel betrifft. Die Anwendung dieser Vorschrift würde nämlich im vorliegenden Fall zu einem der gesetzgeberischen Wertung des § 162 Abs. 1 und 2 VwGO zuwiderlaufenden Ergebnis führen. Nach diesen Vorschriften sind nämlich die gesetzlich geregelten Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Dies hat nach Auffassung des VG Schleswig zur Folge, dass diese Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts kraft Gesetzes als notwendig angesehen werden. Ferner hat das VG auf die Regelung in Art. 19 Abs. 4 GG verwiesen, wonach sich ein Beteiligter in jeder Lage des Verfahrens eines qualifizierten Rechtsvertreters seiner Wahl bedienen darf, um den Verwaltungsrechtsschutz wirksamer zu gestalten.

Dieser Wertung würde es entgegenstehen, wenn der Kläger aufgrund eines nach der Änderung des RVG vollzogenen Anwaltswechsels kostenrechtlich schlechter gestellt werden würde, als wenn er seine Klage zunächst selbst erhoben und erst nach der Änderung des RVG im Laufe des Rechtsstreits einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragt hätte. In diesem Fall könne nämlich dem Kläger nicht entgegengehalten werden, dass er die Erstattung seiner Kosten nur nach Maßgabe des alten Vergütungsrechts beanspruchen könnte. Nach Auffassung des VG reicht die prozessuale Kostenminderungspflicht der Beteiligten soweit nicht (s. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 26.7.2011 – OVG 1 K 118.08 zum Verhältnis bei Anwendung der BRAGO einerseits und des RVG andererseits).

3. Übergangsrecht des § 60 RVG

Nach den weiteren Ausführungen des VG Schleswig hat der Kläger zu Recht die Gebühren und Auslagen seines Prozessbevollmächtigten (Rechtsanwalt Y) auf der Grundlage des ab 1.1.2021 geltenden Vergütungsrechts berechnet. Gem. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist nämlich das bisherige Recht für die Vergütung nur dann anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Diese Vorschrift regele künftige Übergangsfälle infolge einer Änderung des RVG und stelle damit eine Dauerübergangsvorschrift dar. Das RVG in der Fassung des KostRÄG 2021 finde deshalb Anwendung, weil der Kläger Rechtsanwalt Y ausweislich der vorgelegten Vollmacht vom 6.4.2021 erst nach Inkrafttreten der Änderung des RVG beauftragt habe.

Nach Auffassung des VG Schleswig ist deshalb für die von der Beklagten vertretene Auffassung, es sei auch im Falle eines Anwaltswechsels auf den Zeitpunkt der erstmaligen Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten (Rechtsanwalt X) abzustellen, mangels eines gesetzlichen Anhaltspunktes hierfür kein Raum (s. auch OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).

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