Wie bereits zuvor das OLG Saarbrücken (Beschl. v. 16.12.2019 – 9 W 30/19, RVGreport 2020, 116) und auch das OLG Oldenburg (Beschl. v. 1.4.2022 – 12 W 25/22, AGS 2022, 282, [Lissner], in diesem Heft) sieht auch das AG Ludwigshafen keine generelle Vorlagepflicht für den Original-Berechtigungsschein, sofern der Vergütungsantrag in der Beratungshilfe elektronisch eingereicht werde.
a) Streitthema
Immer wieder gibt der elektronische Rechtsverkehr und die damit verbundene Antragstellung Anlass zur Diskussion. Während für die Antragstellung der Beratungshilfe erst seit dem 1.8.2021 eine elektronische Antragstellung möglich wurde (s. Lissner, AGS 2021, 249), bestand die Möglichkeit der elektronischen Antragstellung für die Vergütung bereits länger (s. Lissner, RVGreport 2020, 2 m.w.N.). Streit hat sich insoweit darüber entwickelt, ob seit der elektronischen Einreichung weiterhin auf das Original des Berechtigungsscheines bestanden werden kann. Gem. § 55 Abs. 2 RVG, § 104 Abs. 2 ZPO hat der Antrag auf Festsetzung der Beratungshilfevergütung aus der Staatskasse eine Glaubhaftmachung des Kostenansatzes und die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. Des Weiteren ist gem. § 1 Nr. 2 mit Anlage 2 BerHFV ein Formular zu verwenden, welches die Zeile zum wahlweisen Ankreuzen enthält:
Zitat
"Der Berechtigungsschein im Original oder der Antrag auf nachträgliche Bewilligung der Beratungshilfe ist beigefügt".
Hieraus leiten viele Gerichte das Petitum ab, weiterhin das Original des Berechtigungsscheines vorlegen zu müssen. Begründet wird dies auch aus Schutzzwecken heraus zur Vermeidung einer denkbaren Doppelabrechnung.
b) Scan und Entwertung reicht
Wie die h.A. auch vertritt das AG Ludwigshafen die Meinung, dass diesem Schutzzweck und der Glaubhaftmachung des Gebührenanfalls dann Genüge getan ist, wenn der zur elektronischen Antragstellung verpflichtete Rechtsanwalt anstelle des Originals des Scheins lediglich ein Scan übersende, der eine Entwertung ersichtlich werden lasse.
c) Glaubhaftmachung entbehrlich
Neue Wege geht das AG Ludwigshafen insoweit, als das es in besonderen Konstellationen auf eine weitergehende Glaubhaftmachung zur Gänze verzichtet. In den (sehr) häufigen Fällen, in denen die Beratungsperson bereits im Bewilligungsverfahren für den Mandanten aufritt und auch direkt den Berechtigungsschein übersandt erhalten habe, entfalle eine weitere Glaubhaftmachung. Denn – auch ersichtlich an den notwendigen Tätigkeitsnachweisen des Anwaltes – damit sei ausreichend glaubhaft gemacht, dass "dieser" Anwalt abrechnen könne und Inhaber des zuvor erteilten Berechtigungsscheines sei.
d) Einigungsgebühr nicht bei verfristetem Widerspruch
Zu Recht legt das AG Ludwigshafen dar, dass bei einem Verfahren ohne ablehnenden Verwaltungsakt oder ohne Widerspruch gegen einen beschwerenden Verwaltungsakt ein Ansatz einer Erledigungsgebühr nicht in Betracht komme. In einem sozialgerichtlichen isolierten Vorverfahren kann die Erledigungsgebühr nur beansprucht werden, wenn der Rechtsanwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat; erforderlich ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung, die über das Maß hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im Widerspruchsverfahren abgegolten wird.
Dipl.-RPfleger Stefan Lissner, Konstanz
AGS 6/2022, S. 280 - 282