§ 33 Abs. 9 S. 1 und 2 RVG; § 68 Abs. 3 GKG; Nr. 8614 GKG KV
Leitsatz
Im Beschwerdeverfahren entsteht – bei Verwerfung oder Zurückweisung der Beschwerde – eine Festgebühr nach Nr. 8614 GKG KV. § 33 Abs. 9 S. 2 RVG betrifft die Kosten, nicht die Gebühren.
LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 7.11.2022 – 26 Ta (Kost) 6046/22
I. Sachverhalt
Nach Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens durch Vergleich hatte das ArbG Neuruppin den Gegenstandswert festgesetzt. Gegen diese Entscheidung haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten Beschwerde eingelegt, weil sich "die gerichtlichen Gebühren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert" richteten. Die Rechtsanwälte haben geltend gemacht, das Arbeitsgericht hat aber bei der Wertfestsetzung zu Unrecht den Zeugnisantrag nicht berücksichtigt. Das Arbeitsgericht hatte die entsprechende Formulierung der Klägerin in der Klageschrift nicht als zum Klageantrag zählend angesehen und deshalb bei der Festsetzung des Gegenstandswertes nicht berücksichtigt.
Das LAG Berlin-Brandenburg hat mit Beschl. v. 13.10.2022 die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten "Erinnerung" eingelegt. Mit dieser "Erinnerung" haben sie eine Abänderung des Beschlusses des LAG vom 13.10.2022 sowie eine "Rücknahme der Kostenrechnung" geltend gemacht. Dies haben sie unter Hinweis auf § 68 Abs. 3 S. 1 GKG damit begründet, für das Beschwerdeverfahren entstünden keine Gebühren.
II. Auslegung der "Erinnerung" als Gegenvorstellung
Das LAG Berlin-Brandenburg hat die "Erinnerung" der Prozessbevollmächtigten der Beklagten als Gegenvorstellung gegen seinen Beschl. v. 13.10.2022 gewertet. Dies hat das LAG damit begründet, dass gegen die im Beschwerdeverfahren entgangene Entscheidung eine Erinnerung nicht statthaft sei. Der somit als Gegenvorstellung anzusehenden Eingabe der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat das LAG Berlin-Brandenburg nicht abgeholfen.
1. Wertfestsetzung
Das LAG hat auf seine Entscheidung vom 13.10.2022 verwiesen, in der es ausgeführt hat, warum für den Zeugnisantrag kein Wert anzusetzen ist. Ferner ergab sich aus den Gründen der Entscheidung vom 13.10.2022, warum die Auslegung der Anträge durch das ArbG Neuruppin vertretbar gewesen war. Damit gab es nach der st. Rspr. der Kostenkammern des LAG Berlin-Brandenburg für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes keine Anhaltspunkte. Das LAG hat darauf hingewiesen, dass auch die Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Beschwerdeverfahren hierfür nichts vorgetragen hätten.
2. Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz
Soweit die Erinnerung der Prozessbevollmächtigten den Kostenansatz betroffen hat, war sie nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg unbegründet. Die von den Kostenbeamten angesetzte Festbetragsgebühr i.H.v. 55,00 EUR nach Nr. 8614 GKG KV sei nämlich zutreffend angesetzt worden.
Nach den weiteren Ausführungen des LAG haben sich die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu Unrecht auf die Regelung des § 68 Abs. 3 GKG bezogen. Nach dieser Vorschrift sind die Verfahren (betreffend die Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwertes) gebührenfrei. Diese Vorschrift greift nach Auffassung des LAG hier deshalb nicht ein, weil es sich um eine Beschwerde betreffend die Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 RVG gehandelt habe.
Für dieses Verfahren gilt nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg die Regelung in § 33 Abs. 9 S. 1 RVG, wonach zwar das Verfahren über den "Antrag" gebührenfrei sei, nicht aber das Beschwerdeverfahren. Somit sei die Gebührenfreiheit, wie es sich aus dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung ergebe, auf das Verfahren über den Wertfestsetzungsantrag beschränkt. Im Beschwerdeverfahren falle demgegenüber bei Verwerfung oder Zurückweisung der Beschwerde eine Festgebühr nach Nr. 8614 GKG KV an.
Auch auf die Bestimmung des § 33 Abs. 9 S. 2 RVG könnten sich die Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht berufen. Nach dieser Vorschrift werden Kosten nicht erstattet, und zwar auch nicht im Beschwerdeverfahren. Vorliegend sei es jedoch nicht um Kosten gegangen, sondern um die im Beschwerdeverfahren entstandene Gerichtsgebühr
III. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg und die dort geschilderte Verfahrensweise der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zeigen, dass die Beteiligten mit Kostenfragen nicht immer auf "gutem Fuß" stehen. Dies betrifft sowohl die Prozessbevollmächtigten der Beklagten als auch die Kollegen des LAG Berlin-Brandenburg.
1. "Erinnerung" gegen die Beschwerdeentscheidung
Allein der Umstand, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen die auf ihre Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes ergangene Entscheidung des Beschwerdegerichts, nämlich des LAG Berlin-Brandenburg, "Erinnerung" eingelegt haben, zeigt einige Lücken in den kostenrechtlichen Kenntnissen der Rechtsanwälte auf.
a) Kein stat...