[Ohne Titel]
Eine der Fragen, die bei der Abrechnung in Straf- und Bußgeldsachen auch heute noch Schwierigkeiten macht, ist die Berechnung der Anwaltsvergütung in Beschwerdeverfahren. Die nachfolgenden Ausführungen stellen die damit zusammenhängenden Probleme vor.
I. Allgemeines
1. Persönlicher Geltungsbereich
Die nachstehenden Ausführungen gelten nicht nur für den Verteidiger – Wahlanwalt oder Pflichtverteidiger –, sondern nach Vorbem. 4 Abs. 1 bzw. Vorbem. 5 Abs. 1 VV auch für alle anderen in Teil 4 oder 5 VV tätigen Rechtsanwälte. Sie gelten also insbesondere auch für den Nebenklägervertreter oder -beistand oder für den Zeugenbeistand.
2. Angelegenheiten
In Angelegenheiten, die nach Teil 3 VV vergütet werden, ist gem. § 18 Nr. 5 RVG jedes Beschwerdeverfahren für den Rechtsanwalt eine besondere, nach Nrn. 3200 ff. VV (vgl. Vorbem. 3.2.1 VV) oder nach Nrn. 3500 ff. VV abzurechnende Angelegenheit. Dagegen bilden die Beschwerdeverfahren in Straf- und Bußgeldsachen grds. keine besondere Angelegenheit, sondern gehören zum Rechtszug. Die Tätigkeit des Verteidigers wird gem. §§ 15 Abs. 1, Abs. 2, 17 Nr. 1, 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10a RVG, Vorbem. 4.1 Abs. 2 S. 1 VV grds. durch die Verteidigergebühren der jeweiligen Instanz nach den Nrn. 4104 ff. VV abgegolten.
Das ergibt sich nach den Änderungen durch das 2. KostRMoG in Form des Wegfalls des früheren § 15 Abs. 2 S. 2 RVG a.F. ausdrücklich (auch) aus § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10a RVG. Gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10a RVG gilt dies allerdings nicht, wenn für bestimmte Beschwerdeverfahren etwas anderes bestimmt ist oder für Beschwerden (keine) besonderen Gebührentatbestände vorgesehen sind. (Teilweise) Ausnahmen gelten u.a. für den Bereich der Strafvollstreckung (vgl. IV.), für das Wiederaufnahmeverfahren (s. V.) und die in Vorbem. 4 Abs. 5 bzw. Vorbem. 5 Abs. 4 VV genannten Beschwerdeverfahren, wie z.B. die Beschwerden gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss (s. X.). Letztere sind nach Nrn. 3500 ff. VV abzurechnen.
II. Beschwerden im Strafverfahren (Teil 4 Abschnitt 1 VV)
1. Pauschale Abgeltung
Der Umstand, dass es sich bei einem strafverfahrensrechtlichen Beschwerdeverfahren nicht um eine besondere Angelegenheit i.S.d. § 18 Nr. 5 RVG handelt, und die Regelung in Vorbem. 4.1 Abs. 2 S. 1 VV, die den Pauschalcharakter der in Teil 4 Abschnitt 1 VV enthaltenen Verteidigergebühren regelt, führen dazu, dass für die Tätigkeit in einem strafverfahrensrechtlichen Beschwerdeverfahren keine gesonderten Gebühren entstehen, sondern die Tätigkeiten des Rechtsanwalts grds. durch die jeweiligen Verfahrensgebühren (mit-)abgegolten werden. Das gilt – mit Ausnahme der unten III. ff. – aufgeführten Fälle – für alle strafverfahrensrechtlichen Beschwerdeverfahren, also z.B. für Haftbeschwerden, Beschwerden gegen andere Zwangsmaßnahmen, wie z.B. dingliche Arreste, Beschwerden gegen § 111a-StPO-Beschlüsse usw. Das gilt für alle Rechtszüge, so z.B. für eine im Berufungsrechtszug eingelegte Beschwerde gegen einen § 111a-StPO-Beschluss. Etwas anderes folgt nicht aus Nr. 4302. Nr. 1 bzw. Nr. 3 VV. Dort sind zwar Verfahrensgebühren für die Einlegung eines Rechtsmittels bzw. eine sonstige Beistandsleistung vorgesehen. Diese können wegen Vorbem. 4.3 Abs. 1 VV aber nur für den mit einer einzelnen Tätigkeit beauftragten Rechtsanwalt, nicht aber für den Vollverteidiger oder Vollvertreter eines anderen Beteiligten i.S.v. Vorbem. 4 Abs. 1 VV anfallen.
2. Einfluss auf die Gebührenhöhe
Hat der Rechtsanwalt durch seine Tätigkeiten im Hinblick auf eine Beschwerde Mehraufwand, wovon man i.d.R. ausgehen muss, muss dieser Mehraufwand beim Wahlanwalt bei der Gebührenbemessung gem. § 14 RVG erhöhend berücksichtigt werden. Da beim Pflichtverteidiger keine Rahmengebühren, sondern Festgebühren anfallen, kann bei ihm die Tätigkeit im Beschwerdeverfahren nur bei der Festsetzung einer Pauschgebühr gem. § 51 RVG Berücksichtigung finden.