1. Wie beim Zeugenbeistand
Man kann es (so) kurz machen wie das Schöffengericht, das die Zurückweisung der Erinnerung der Staatskasse gegen die Gebührenfestsetzung der UdG kurz mit einem Verweis auf die Gründe des Nichtabhilfeschlusses begründet hat, denen es "beigetreten" ist. Denn: Die Entscheidung des AG ist richtig. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Ausführungen des AG zum Begriff der Angelegenheit und zur Anwendung der dazu vorliegenden Rspr. auf den entschiedenen Fall (vgl. zum Begriff der Angelegenheit Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Teil A Rn 1 ff. und 99 ff.). Insoweit entscheidet das AG – ohne das jedoch ausdrücklich anzuführen – ähnlich wie die Rspr. die Fälle behandelt, in denen der Rechtsanwalt zunächst Verteidiger war und dann für den (verurteilten) Mandanten weiter als Zeugenbeistand in anderen Verfahren tätig ist. Auch in den Fällen geht die Rspr. davon aus, dass es sich nicht um dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG handelt und die Gebühren für den als Zeugenbeistand tätigen Rechtsanwalt noch einmal entstehen (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Teil A Rn 157 m.w.N. aus der Rspr.); eine "Anrechnung" nach § 15 Abs. 5 RVG findet nicht statt.
2. Grundgebühr
Das gilt i.Ü. auch für die Grundgebühr Nr. 4100 VV. Denn insoweit gilt, worauf das AG zutreffend hingewiesen hat, dass durch die erneute Wiedereinarbeitung in den Sachverhalt, betrachtet aus der Perspektive eines vollumfänglich bestellen Pflichtverteidigers erneut ein (größerer) Aufwand verursacht worden ist, der die Berechnung der Grundgebühr Nr. 4100 VV (nochmals) durchaus rechtfertigt. Ebenso wird in den Zeugenbeistandsfällen für die Grundgebühr entschieden (Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Teil A Rn 159 m.w.N.).
3. Gebühren des "beschränkten" Pflichtverteidigers
Nur zur Abrundung soll darauf hingewiesen werden, dass auch die inzident geäußerte Ansicht des AG zur Anwendung des Teils 4 Abschnitt 1 VV auf den Gebührenanspruch des Pflichtverteidigers in Zusammenhang mit der Beiordnung im Rahmen der Zeugenvernehmung zutreffend ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweise ich auf die Anmerkung zu OLG Karlsruhe (AGS 2023, 164).
4. Argumentation
Verteidiger sollten diese für sie günstige Entscheidung im Auge behalten und damit ggf. gegenüber der Staatskasse argumentieren. Das wird sich immer dann anbieten, wenn – wie hier – eine klare, sowohl sachliche als auch zeitliche, Trennung der Tätigkeit als "beschränkter" Pflichtverteidiger und als "voller" Pflichtverteidiger möglich ist. Das wird die Staatskassen nicht freuen. Der nächste "Kriegsschauplatz" ist also eröffnet.
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg