Beim anwaltlichen Vergütungsrecht muss zwischen dem Anfall der Vergütung des Rechtsanwalts, deren Fälligkeit und der Einforderbarkeit der Vergütung unterschieden werden.
1. Anfall der Vergütung
Nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 RVG besteht die anwaltliche Vergütung aus Gebühren und Auslagen. Der Vergütungsanspruch entsteht, wenn der Rechtsanwalt erstmals den jeweiligen Gebühren- bzw. Auslagentatbestand erfüllt hat. So fällt etwa im Zivilprozess die Verfahrensgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information an.
2. Fälligkeit der Vergütung
Die nach Maßgabe der vorstehenden Erörterung entstandene Vergütung wird gem. § 8 Abs. 1 S. 1 RVG mit der Erledigung des Auftrages oder der Beendigung der Angelegenheit fällig. Für die Vergütung in einem gerichtlichen Verfahren regelt § 8 Abs. 1 S. 2 RVG weitere Fälligkeitstatbestände. Der BGH hat darauf hingewiesen, dass der Rechtsanwalt die von der L. GbR in Auftrag gegebenen anwaltlichen Tätigkeiten in der zweiten Hälfte des Jahres 2013 erbracht hatte. Somit seien die Vergütungsansprüche noch im selben Jahr i.S.v. § 8 Abs. 1 RVG fällig geworden.
Dies hatte i.Ü. zur Folge, dass die Verjährungsfrist von drei Jahren ohne Rücksicht auf die Mitteilung der jeweiligen Vergütungsberechnung (s. § 10 Abs. 1 S. 2 RVG) gem. §§ 195, 199 BGB mit dem Schluss des Jahres 2013 zu laufen begonnen hatte und mit Ablauf des 31.12.2016 beendet gewesen ist. Die gegen die L. GbR gerichteten Mahnanträge hatten jedoch die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB rechtzeitig gehemmt. Die Zustellungen an die L. GbR waren nämlich am 9.1.2016 und am 7.1.2017 und damit demnächst i.S.v. § 167 ZPO erfolgt.
Der BGH hat darauf hingewiesen, dass sich die Hemmung der Verjährung der Gesellschaftsschuld auch zu Lasten des Gesellschafters, hier also zu Lasten des Beklagten, ausgewirkt hat. Die betreffende Regelung in § 129 Abs. 1 HGB gelte nämlich für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sinngemäß (s. BGH WM 2011, 1036 und WM 2019, 2019).
3. Einforderbarkeit der Vergütung
Die somit angefallene und fällig gewordene Vergütung des Rechtsanwalts ist erst dann einforderbar, wenn der Rechtsanwalt dem Auftraggeber gem. § 10 Abs. 1 S. 1 RVG eine formell ordnungsgemäße Vergütungsberechnung unter Beachtung der in § 10 Abs. 2 RVG aufgeführten Voraussetzungen erteilt hat. Diese Anforderungen hatte hier der Kläger nach Auffassung des BGH erfüllt.
a) Auch der ehemalige Rechtsanwalt kann die Berechnung erteilen
Der IX. ZS des BGH hatte bereits im Jahre 2004 zu der Regelung des § 18 Abs. 1 S. 1 BRAGO entschieden, dass der ehemalige Rechtsanwalt als Gläubiger seiner Vergütungsansprüche auch nach dem Ausscheiden aus der Anwaltschaft berechtigt und verpflichtet ist, zur Einforderung dieser Ansprüche außerhalb eines Kostenfestsetzungsverfahrens entsprechende Berechnungen zu unterzeichnen und dem Auftraggeber mitzuteilen, wenn der bestellte Abwickler insoweit nicht tätig geworden ist (BGH AGS 2004, 343 m. Anm. Madert = RVGreport 2004, 273 [Hansens]). Dem ist die Kommentar-Lit. gefolgt. Nach den Ausführungen des BGH hier hatten die Vorinstanzen hier nicht festgestellt, ob für die Kanzlei des Klägers überhaupt ein Abwickler bestellt worden war. Jedenfalls sei hier hinsichtlich der Einforderung der Anwaltsvergütung allein der Kläger, nicht hingegen ein etwa bestellter Abwickler tätig geworden.
An dieser Rechtslage zu § 18 Abs. 1 S. 1 BRAGO hat sich nach den weiteren Ausführungen des BGH durch das Inkrafttreten des RVG nichts geändert. Dies hat der BGH damit begründet, § 10 Abs. 1 S. 1 RVG stimme mit § 18 Abs. 1 S. 1 BRAGO wörtlich überein. Auch aus den Gesetzesmaterialien zu § 10 RVG ergebe sich, dass die Vorschrift über die Form der Vergütungsberechnung § 18 BRAGO entspreche.
b) Bestellung eines Abwicklers nicht erforderlich
Nach Auffassung des BGH ist auch kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, einem ehemaligen Rechtsanwalt die Geltendmachung seiner Vergütung in formaler Hinsicht dadurch zu erschweren, dass allein für die Unterzeichnung der Berechnung ein Abwickler bestellt oder ein zugelassener Rechtsanwalt damit beauftragt werden müsste.
c) Argumente des OLG Frankfurt nicht überzeugend
Die Argumentation des OLG Frankfurt, das auf die Übernahme der strafrechtlichen, zivilrechtlichen und standesrechtlichen Verantwortung des Rechtsanwalts bei der Unterzeichnung der Vergütungsberechnung abgestellt hatte, hat der BGH nicht gelten gelassen. Eine standesrechtliche Verantwortung scheide aus, wenn der Gläubiger der Vergütung nicht mehr Rechtsanwalt sei. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines ehemaligen Rechtsanwalts ende nicht damit, dass er nicht mehr nach dem leichteren Amtsdelikt des § 352 StGB zu bestrafen sei, sondern allgemeine Straftatbestände wie derjenige des Betruges nach § 263 StGB eingreifen könnten (BGH AGS 2007, 599 m. Anm. Schons = AnwBl 2006, 759). Auch aus dem Zivilrecht ergeben sich keine Unterschiede. Der Rechtsanwalt sei auch nach der Löschung seiner Zulassung zur Anwaltschaft aus ...