ZPO § 121; RVG §§ 45, 48

Leitsatz

Wird der Vergütungsanspruch eines nach § 121 Abs. 1 ZPO beigeordneten Rechtsanwaltes ohne dessen Einverständnis beschränkt, so ist auf die Beschwerde des Rechtsanwalts die Beschränkung aufzuheben. Eine Aufhebung auch der Beiordnung scheitert am Verbot der Schlechterstellung des Beschwerdeführers.

OLG Schleswig, Beschl. v. 18.2.2009–8 WF 27/09

1 Sachverhalt

Dem Antragsteller war im Rahmen der Prozesskostenhilfe für ein Verfahren zur Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zunächst Rechtsanwalt A beigeordnet. Nachdem Rechtsanwalt A die Mandatsniederlegung aufgrund unbehebbarer Störung des Vertrauensverhältnisses angezeigt und die Aufhebung der Beiordnung beantragt hatte, hat das FamG diesem Antrag entsprochen und dem Antragsteller Rechtsanwalt Dr. B mit der Maßgabe beigeordnet, dass "bereits entstandene Kosten durch die bisherige Beiordnung des Rechtsanwalts A von den zu erstattenden Gebühren abzusetzen" sind. Gegen diese Beschränkung der aus der Landeskasse an ihn zu erbringenden Vergütung wendet sich Rechtsanwalt Dr. B mit seiner Beschwerde und trägt dazu vor, der Antragsteller habe das Vertrauen in eine nachdrückliche Verfolgung seiner Interessen durch Rechtsanwalt A verloren, nachdem dieser das ruhende Verfahren entgegen der Bitte des Antragstellers nicht wieder aufgenommen und ihm auf eine ca. zwei Wochen später erfolgte Nachfrage geantwortet habe, ihm sei kein entsprechender Auftrag erteilt worden. Mit einer Eingabe nicht näher beschriebenen Inhalts hat sich der Antragsteller wegen der Mandatswahrnehmung durch Rechtsanwalt A an die Rechtsanwaltskammer gewandt. Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dazu ausgeführt, es habe kein hinreichender Grund für einen Anwaltswechsel bestanden.

Die zulässige Beschwerde hat im Ergebnis Erfolg.

2 Aus den Gründen

a)  Die angegriffene Beschränkung beschwert Rechtsanwalt Dr. B, denn er ist aufgrund der Beiordnung zur Übernahme der Prozessvertretung verpflichtet (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 BRAO), ohne dass er gegenüber der Landeskasse den vollen Vergütungsanspruch geltend machen oder von der eigenen Partei – wegen der Sperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO – die abzusetzenden Beträge verlangen könnte. In entsprechender Anwendung von §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG ist er berechtigt, im eigenen Namen Beschwerde einzulegen (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 127 Rn 19).

b)  Zerstört eine Partei das Vertrauensverhältnis zu dem beigeordneten Rechtsanwalt durch sachlich nicht gerechtfertigtes und mutwilliges Verhalten und verursacht dadurch die Entpflichtung des zunächst beigeordneten Rechtsanwalts, so ist ihr Antrag auf Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts als rechtsmissbräuchlich zurückzuweisen (z.B. BGH NJW-RR 1992, 189; OLG Hamm FamRZ 2006, 1551; Zöller/Philippi, a.a.O., § 121 Rn 35). Beruht der Anwaltswechsel dagegen auf einem triftigen Grund, der auch eine auf eigene Kosten prozessierende Partei zu einer Beendigung des Mandatsverhältnisses veranlasst hätte, so ist der mittellosen Partei ein anderer Rechtsanwalt beizuordnen (Zöller/Philippi, a.a.O., Rn 34).

Der Antragsteller hat einen verständlichen Grund für einen Verlust des Vertrauens in die Interessenvertretung durch Rechtsanwalt A nicht dargelegt: Sollte Rechtsanwalt A gegenüber dem Antragsteller geäußert haben, er habe keinen Auftrag erhalten, die Aufnahme des ruhenden Verfahrens zu beantragen, so ergäbe sich daraus allenfalls ein Missverständnis, nicht aber hätte der Antragsteller daraus den Schluss ziehen oder auch nur die Befürchtung herleiten dürfen, Rechtsanwalt A nehme seine Wünsche oder gar seine Weisungen nicht ernst und setze sich nicht mit Nachdruck für seine Belange ein. Das vom Antragsteller geschilderte anwaltliche Verhalten gab bei verständiger Würdigung keinen Anlass, sich an die Rechtsanwaltskammer zu wenden und mit diesem grundlosen und überzogenen Schritt Rechtsanwalt A zu veranlassen, die Aufhebung der Beiordnung zu beantragen. Ein Anspruch auf Beiordnung eines anderen Anwalts, die weitere Kosten zum Nachteil der Landeskasse ausgelöst hätte, besteht danach nicht.

c)  Gleichwohl kann auch bei einem Anwaltswechsel, den eine Partei ohne triftigen Grund vorgenommen hat, ein anderer Rechtsanwalt beigeordnet werden, sofern der später tätige Rechtsanwalt sich mit einer Anrechnung der an den zunächst beigeordneten Rechtsanwalt gezahlten Vergütung auf seinen eigenen Vergütungsanspruch einverstanden erklärt und auf diese Weise den Anfall von Mehrkosten verhindert. Ein solches – stillschweigendes – Einverständnis von Rechtsanwalt Dr. B mit einer gebührenrechtlichen Beschränkung der Beiordnung (vgl. dazu für den Fall der Beiordnung eines nicht am Gerichtssitz niedergelassenen Rechtsanwalts BGH FamRZ 2007, 37 f.) kann hier schon deshalb nicht angenommen werden, weil Rechtsanwalt Dr. B mit dem Hinweis, es bestehe kein Vertrauensverhältnis mehr zwischen dem Antragsteller und Rechtsanwalt A, ersichtlich einen triftigen Grund für den Anwaltswechsel und damit die Voraussetzungen für die eigene uneingeschränkte Beiordnung hat ...

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