RVG § 14 Abs. 2; BRAO § 49b

Leitsatz

Unterlässt das erstinstanzliche Gericht die nach § 14 Abs. 2 RVG gebotene Einholung eines Sachverständigengutachtens, führt dies zur Aufhebung und Zurückverweisung.

OLG Brandenburg, Urt. v. 18.3.2008–6 U 86/07

1 Aus den Gründen

Soweit es die vom Kläger geltend gemachte Geschäftsgebühr gem. "Nr. 2400 VV" angeht – gemeint ist die Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV –, geht der Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5, wobei eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist.

Da die Frage, ob der vom Kläger in Rechnung gestellte Gebührensatz angemessen ist oder nicht, zwischen den Parteien streitig ist, hätte das LG zwingend ein Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammer einholen müssen, § 14 Abs. 2 RVG, und hätte nicht ohne ein solches Gutachten die Mittelgebühr von 1,5 für gerechtfertigt halten dürfen. Wegen dieses Versäumnisses ist eine Aufhebung und Zurückverweisung gerechtfertigt (so auch Hartmann, a.a.O. § 14 Rn 43 m. w. Nachw.).

2 Anmerkung

Nach Ansicht der Rspr.[1] stellt die Nichteinholung eines nach § 14 Abs. 2 RVG gebotenen Gutachtens einen schweren Verfahrensmangel nach § 539 ZPO dar, aufgrund dessen der Rechtsstreit regelmäßig an die Vorinstanz zurückzuverweisen sei. Zwar könne das Berufungsgericht als Tatsacheninstanz das Gutachten selbst einholen und entscheiden. Dies sei jedoch regelmäßig nicht angezeigt, da den Parteien bei der Entscheidung durch das Berufungsgericht eine Tatsacheninstanz verloren gehe.[2] Diese Auffassung geht jedoch zu weit. Die Nichteinholung des Gutachtens ist sicherlich ein Verfahrensmangel.[3] Der Verlust einer Tatsacheninstanz ist jedoch einer der wenigen Gründe, die für sich allein eine Aufhebung und Zurückverweisung gerade nicht rechtfertigen.[4] Sofern nicht weitere Umstände gegeben sind, hat das Berufungsgericht daher selbst das Gutachten einzuholen und die Sache zu entscheiden.

Norbert Schneider

[1] Vgl. BVerfG AGS 2002, 148 m. Anm. Madert = NJW-RR 2002, 786 = KostRsp. BRAGO § 12 Nr. 56; OLG Frankfurt AnwBl 1998, 484 = OLGR 1998, 268 = KostRsp. BRAGO § 12 Nr. 46 m. Anm. N. Schneider = MDR 1998, 800 = JurBüro 1998, 410; OLG Bamberg OLGZ 1976, 351.
[2] OLG Frankfurt AnwBl 1998, 484 = OLGR 1998, 268 = KostRsp. BRAGO § 12 Nr. 46 m. Anm. N. Schneider = MDR 1998, 800 = JurBüro 1998, 410.
[3] Hansens, ZAP Fach 24, S. 499.
[4] BGH NJW 1969, 1669.

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